The Conspiracy Art of Mark Lombardi

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Es waren nur wenige Tage nach den verheerenden Terroranschlägen des 11. Septembers, als es einen FBI Agent in das New Yorker Whitney Museum verschlug. Er war an diesem, für ihn doch seltsamen Ort, auf der Suche nach detaillierten Informationen über das Finanzierungsnetzwerk BCCI des Osama Bin Laden, der indirekt schon mit den Anschlägen in New York und Washington in Verbindung gebracht wurde. Schnell wurde dieser FBI Agent fündig. In einem Kunstwerk des New Yorker Künstlers Mark Lombardi, fand er detaillierte Informationen über das weit verstreute Netzwerk des "Paten des Terrors" und die Verwicklung des US Bankensytems. Lombardi hatte in einem seiner verschachtelten Diagrammbilder diese Verknüpfung in einem graphischen Netzwerk aus Kreisen und Pfeilen dargestellt. Der Beamte konnte Lombardi leider nicht mehr zu seiner Arbeit befragen, denn dieser hatte sich im April des vorherigen Jahres in seinem Atelier erhängt.
"Das war ein Bahn brechender Moment, der die Kunstgeschichte verändert hat. Natürlich gab es auch früher politische Künstler. Aber ich glaube nicht, dass jemals der Geheimdienst eines Landes das Werk eines Künstlers untersuchte, um Informationen zu sammeln."
(Greg Stone)

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Wer war dieser Mark Lombardi, woher hatte er seine Informationen und gab es eine Erklärung für seinen Selbstmord?

Auf jeden Fall soll sich das National Security Archive für Lombardis mit mehreren tausend Karten gefüllten Karteikasten interessiert haben.
Aus diesem Kasten zog er seine wesentlichen Informationen, zu den unterschiedlichsten Themen, die er wiederum aus den verschiedensten Quellen zusammentrug. Sei es die Iran-Contra Affäre des undurchsichtigen Oliver North, oder auch sein Lieblingsthema, die Verwicklungen des heutigen US Präsidenten Georg W. Bush in die Machenschaften der Ölindustrie; Lombardis Arbeitsweise unterschied sich meist nicht sonderlich und immer wieder war sein Thema das Aufdecken und Darstellen politischer und ökonomischer Machtsysteme.

Erst sammelte Lombardi seine Informationen, fertigte sogenannte "Preparatory Drawings" an, in welchen er die ersten Verknüpfungen grob auf Skizzenpapier aufzog, um dann später auf einem überdimensionalen Bogen weißen Papieres, allein mit der Hand und einigen Zeichenschablonen seine Netzwerkdiagramme zu übertragen. Mitunter enthalten diese komplexen Organigramme bis zu 300 Namen von Konzernen, Firmenchefs und politischen Repräsentanten.
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Detail from first rough draft of Mark Lombardi's BNL, Reagan, Bush, & Thatcher and the Arming of Iraq, ca. 1983-91

Lombardi fing schon früh in seiner Studentenzeit an - er studierte Kunstgeschichte an der Syracuse University - sein späteres Karteikartenarchiv zu befüllen. Schon zu Zeiten des Watergate Skandales, begann er in Akten zu wühlen und gezielt Informationen zusammenzutragen. Aus dem so akkumulierten Wissen legte er sein umfangreiches System von Karteikarten an, das bald mehrere tausend Einzelbiografien und Detaildiagramme enthielt. Ohne die Unterstützung von Computerprogrammen erarbeitete Lombardi auf der Basis dieses Grundlagenwissens eine neue Form von Historienbild.
Er konnte an einem Diagramm durchgehend mehrere Tage, ohne Schlaf und größere Pause wie eine Besessener arbeiten. Dabei stellte er oft seine Stereoanlage auf höchste Lautstärke, aber ohne Musik abzuspielen sondern nur um mit dem Weißen Rauschen den Raum in dem er arbeitete zu füllen. Und lediglich so konnte er gleichzeitig jedes andere Geräusch in den Moment um sich herum vollkommen ausschalten."Der Kern meiner Arbeit ist Forschen und Zeichnen. Die graphische Darstellung von Informationen. Darüber hinaus habe ich nichts Wesentliches zu sagen."
(Mark Lombardi)

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Aber Lombardis Bilder erregten nicht allein bei Regierungsbeamten, Informationsjunkies und Mathematikern ein gewisses Aufsehen, sondern sie vermögen auch heute noch reine Kunstästheten zu begeistern. Seine Bilder sollten - laut Lombardi selbst - immer auch gleichzeitig die Ausdruckskraft eines Gemäldes besitzen.
Und tatsächlich - steht man vor diesen überdimensionalen Zeichnungen, offenbart sich einem schnell ihre eigenartige Schönheit. Fraktale Strukturen, wuchernde Organismen die sich zu seltsamen, netzartigen Gebilden vereinigen, mit nur eben dem kleinen Unterschied, dass sich bei näherem Hinsehen vereinzelte Namen plötzlich in das Blickfeld des Betrachters rücken und so Verschwörung und Verbrechen offenbaren.
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"dealers in military pyrotechnics" #1 (detail), 2000 - graphite on paper 8.5 x 11 inches

"Wir zeigten Marks Arbeiten oft Vertretern großer Konzerne. Sie waren begeistert und hätten sie gerne gekauft. Aber dann lasen sie die Namen auf den Bildern und meinten: Naja, wissen Sie, der da ist unser Kunde, und der auch. Ich denke nicht, dass wir ein solches Bild haben sollten."
(Joe Amrhein, Mark Lombardis Galerist)






VON DER TOTALEN INS DETAIL
- oder wie man sich einem Bild Mark Lombardis nähert, am Beispiel von

George w. bush, harken energy, and jackson stevens c.1979-90, 5th version, (detail)
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Irgendwann fing Lombardi an, seine Technik zu variieren, um so die Ausdruckskraft seiner Zeichnungen zu steigern. Er baute Lichtkästen und zeichnete seine Diagramme von nun an auf Glasscheiben. So entstand eines seiner letzten Werke, in welchem er die Verwicklung des Vatikan zur Zeit Papst Pauls VI in einen internationalen Geldwäscherskandal unter Beteiligung der Mafia aufzeigte.
Trotz anhaltenden Erfolges und weltweiten Ankäufen seiner Bilder von den wichtigsten Museen, schien Lombardi nie zufrieden zu sein und zur Ruhe zu kommen. Immer häufiger sprach er davon, dass er sich verfolgt glaubte, aber auch sein künstlerischer Ausdruck schien ins Stocken geraten zu sein und er fühlte sich dabei in einer ästhetischen Sackgasse. Zudem kamen noch Schicksalsschläge ins Spiel, die ihn so noch weiter zurückwarfen. Sein Frau trennte sich von ihm, und sein Osama-Bin-Laden-Bild wurde kurz vor einer wichtigen Ausstellung von einer Sprinkleranlage zerstört, so dass er es lediglich unter Tabletteneinwirkung noch einmal rechtzeitig neu zeichnen konnte.

zum BILD-groß

Am 22.April 2000 fand man Lombardi erhängt in seinem Atelier auf. Die Polizei protokollierte später als Todesursache Selbstmord.
Was bleibt, ist der Eindruck von einem Zeit seines Lebens rastlosen Mannes, der stets brisante Informationen verarbeitete und der sich und sein Leben kurz vor seinem Tod massiv bedroht fühlte. Wahrscheinlich nicht von ungefähr war eines seiner letzten Werke das Diagramm der schon erwähnten Iran-Contra Affäre.

zum BILDAUSSCHNITT

Würde Lombardi heute noch leben, müsste man sich unwillkürlich die Frage stellen, wie er wohl den 11. September gesehen hätte, und was er aus der Affäre um die verschwundenen Massenvernichtungswaffen des Irak-Krieges gemacht hätte.
Mehr noch - vielleicht hätte Lombardi sogar in einem allerletzten Bild, sämtliche vorherigen Diagramme zu einer gewaltigen, alles verknüpfenden, informationsarchitektonischen Metastruktur verbunden?
 

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