Rolle der Medien

streicher

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Es sind gleich mehrere heisse Ereignisse, die zu einer Diskussion um die Rolle und Aufgaben der Medien geführt haben. Da war die Medienschelte von Politikern (Clement, Schröder, etc.), die die Einflussnahme der Medien auf die Wahl rügten. Für Unbehagen sorgte die Durchsuchung des Hauses des Cicero-Autors Bruno Schirra, dem Geheimnisverrat vorgeworfen wird Razzia im Morgengrauen. In den Printmedien selbst wird zum Überdenken des eigenen Handels aufgerufen Aus der Rolle gefallen. Andererseits sieht sich der SPIEGEL in politischer Rolle: Die Maxime beim Spiegel sei "radikaler Realismus" Nur über seine Leiche. Gesine Schwan, die gegen Köhler um das Bundespräsidentenamt kandidiert hatte fasst zu ihrem eigenen Artikel kurz und bündig: Die Medien hängen einem Negativismus an, werden selbst zu politischen Akteuren und schaffen ihre eigenen Debatten (und schreiben voneinander ab) Das aufgeklärte Publikum muss sich wehren: sie ruft zur Diskussion auf.

Und diskutieren können wir auch hier über Rolle und Aufgaben der Medien, über Verfehlungen und Chancen, über das Publikum, das sich wehren kann - und so weiter.

(Zum Thema Pressefreiheit gibt es einen Thread: Deutschland: Pressefreiheit in Gefahr)
 

Giacomo_S

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So sehr die Einschränkungen der Pressefreiheit eines Hrn. Schily in meinen Augen völlig überzogen sind (und er meiner Einschätzungen nach vor Gericht nur eine Schlappe erzielen kann), so kann ich seinen Aussagen zumindest z.T. zustimmen.
Die Berichterstattung vor der Wahl war so etwas von einseitig, dass man sich fragen muss: Wo sind denn jetzt die ganzen Schlaumeier von Gestern ? Die Presse hat es vor der Wahl überhaupt nicht mehr in Frage gestellt, ob schwarz-gelb kommt, sondern nur noch darüber spekuliert, welche Konsequenzen zu erwarten sind.
Dass jenseits aller Prognosen dann eben doch der Wähler entscheidet - das hat diese Wahl wohl zumindest gezeigt. Die Demoskopen üben sich in Schadensbegrenzung und fast müsste man meinen, sie täten es mit erhobenem Zeigefinger gegenüber den Wählern.
Der Journalismus wiederum sollte das Ergebnis als Ohrfeige sehen und wieder zu seriösen Kommentaren und Berichten zurückkehren, als sich in spekulativen Prophezeiungen zu ergehen.
 

antimagnet

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vielleicht war bei mir der wunsch vater des gedankens - abe rich habe aus der vorwahlpresse gelesen, dass es zu einem patt kommen wird.

und das da:

Die Medien hängen einem Negativismus an, werden selbst zu politischen Akteuren und schaffen ihre eigenen Debatten (und schreiben voneinander ab)

ist doch ein ganz alter hut. negativismus ist der nachrichtenfaktor schlechthin, als vierte gewalt sieht sich nicht nur die presse selbst, und dass die meisten artikel pr-induziert sind, hat barbara baerns schon mitte der neunziger rausgefunden...
 

streicher

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@ Giacomo_S
Als die Weichen für die Wahlen gestellt waren, bin ich zuerst davon ausgegangen, das Schwarz-Gelb gewinnen würde. Nach der Wahl habe ich mich mit einem Mitarbeiter aus einem Marktforschungsinstitut unterhalten, wie er erkläre, dass die Demoskopen so falsch lagen. Er führte es einfach auf die unsicheren Wähler zurück. Allerdings haben einzelne auch schon das Patt vorausgeahnt. Was den Journalismus betrifft, wurde hier und da in den Printmedien zur Selbstreflexion aufgefordert. Sie haben auch erkannt, dass das Verhalten der Medien vor den Wahlen sie selbst sehr angreifbar gemacht haben.

@ antimagnet
Es klingt so ein wenig danach, dass man halt schreibt um was zu schreiben und auch, weil man vom Trinkhahn des Geldes abhängig ist. Vierte Gewalt - ja, so mag sie sich sehen, dann macht sie durchaus Politik. Welche Politik allerdings verfolgt der SPIEGEL, wenn er sich in "realistischer Rolle" sieht? Denn nach politischer Denkschule würde der SPIEGEL die Medien in "anarchischer Konkurrenz" miteinander sehen, so wie die "Realistische Schule" die Staaten eigentlich betrachtet. Jedes Medium arbeitet in erster Linie zum eigenen Vorteil.
 

Semiramis

Großmeister
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Die Berichterstattung vor der Wahl war so etwas von einseitig
Ja, in der Tat: die Presse als Meinungsbildendes Organ... Berichterstattung ist immer Meinung, nur manchmal mehr und manchmal weniger, man darf eigentlich niemals einfach alles so hinnehmen, wie es dir vorgesetzt wird!
Problematisch - oder besser - fatal finde ich da, daß eben diese Presse auch für viele Menschen der einzige Zugang zu Informationen ist (auch Internet-Artikel, wie viele machen sich die Mühe, die ursprünglichen Quellen ausfindig zu machen??). Die Presse als ein Filter, der z. B. Zwischen Politikern und den übrigen MEnschen die Informationen zurückhält..
Ich sah das bisher so, daß die Medien ein wichtiges MIttel sind, Politiker zum Reden zu bringen, unbequeme Fragen zu stellen, halt die berühmte (und auch schon oft erwähnte) Kontrollfunktion. Wenn sich ein POlitiker weigert (wie jetzt gerade wieder) Informationen an die Presse zu geben, weigert er sich mit den Wählern zu reden. Aber ich weiß, daß die Vorstellung von Reportern als vom Wähler beauftragte Überwachungs-, Kontroll- und allgemeine Informationsinstanz eine seltsame Vorstellung ist: müßte man dann seine Reporter ni´cht eigentlich auch wählen??
 

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