Organspende-Für und Wider

Bist du bereit, Organe zu spenden?

  • ja, uneingeschränkt

    Stimmen: 0 0,0%
  • ja für nahe Angehörige

    Stimmen: 0 0,0%
  • unentschieden

    Stimmen: 0 0,0%
  • nein aus religiösen Gründen

    Stimmen: 0 0,0%
  • nein aus anderen Gründen

    Stimmen: 0 0,0%

  • Umfrageteilnehmer
    0

sercador

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In diesen Tagen haben sich die Minister auf etwas neues zu dem Thema geeinigt:
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,6559475,00.html
Die Gesundheitsminister der Bundesländer haben sich daher auf eine neue Lösung in der Debatte um eine Neufassung des Organspendegesetzes von 1997 geeinigt: Jeder Bürger und jede Bürgerin sollen wenigstens einmal in ihrem Leben bewusst mit der Frage konfrontiert werden, ob er oder sie zur Organspende bereit sei.
Können wir hier im kleinen ja schon mal mit anfangen.

Und im Gegensatz zur einfachen Frage nach der Bereitschaft, kann man hier auch seine Argumente vorbringen.
Insbesondere die Haltung der medizinisch Vorgebildeten hier am Board interessiert mich persönlich sehr.

Meine eigene Haltung:
Ich habe persönlich miterlebt, wie ein guter Mann auf der Warteliste für eine Leber gestorben ist.
Und eine junge Mutter durch eine Lebertransplantation zusätzliche Zeit bekommen hat.
Für mich persönlich lehne ich den Empfang eines Spenderorgans ab, aber das tut nichts zur Sache.
Was mit meinen Organen nach meinem Ableben angestellt wird, ist mir hingegen egal.
Trotzdem habe ich mich nie um einen Spenderausweis gekümmert. Wie wohl die meisten.
 

dkR

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Nach meinem Moralverständnis spricht einfach nichts dagegen, Organspender zu sein.
 

Goatboy

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Organspende sollte für jeden eine Selbstverständlichkeit sein. Selbst den vor einiger Zeit von irgendeinem Politiker geäußerten (sehr konsequenten) Vorschlag, es mögen auf Transplantationslisten diejenigen potentiellen Empfänger begünstigt werden, die selbst über einen Organspendeausweis verfügen, halte ich für fair und sinnvoll. Eine postmortale Organentnahme aus einem Zellhaufen, die mehreren Menschen das Leben retten könnte, abzulehnen, halte ich für geradezu unmoralisch und zutiefst unanständig.
 

sercador

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Goatboy schrieb:
Eine postmortale Organentnahme aus einem Zellhaufen, die mehreren Menschen das Leben retten könnte, abzulehnen, halte ich für geradezu unmoralisch und zutiefst unanständig.
Ist es für dich unmoralisch, wenn Menschen ohne medizinische Kenntnisse einen warmen Körper mit Herzschlag nicht als toten Zellhaufen betrachten können?
 

Giacomo_S

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Goatboy schrieb:
Eine postmortale Organentnahme aus einem Zellhaufen ...

Diese Meinung hatte ich auch mal - bis mir einmal eine OP-Schwester, die in der Transplantationsmedizin arbeitete, aus ihrem Arbeitsalltag erzählt hat. Und da änderte sich mein Bild.

Für sie war das offenbar gar nicht so eindeutig definierbar, was der Zustand "tot" eigentlich ist. Sie hat selbst schon gesehen, wie sich ein Hirntoter noch einmal kurz bewegt hat, was von den Ärzten als "Nervenreaktion" abgetan wurde. Selbst Hirntoten muss man auch Betäubungsmittel geben, da sie auf Schmerzreaktionen reagieren. Dann müssen die Ärzte dem Toten andere Medikamente zuführen, um die Organe entnehmen zu können. Die Substanzen sind für verschiedene Organe unterschiedlich und haben teilweise für andere Organe negative Wirkungen. Sie berichtete mir, dass es öfter mal vorkomme, dass sich dann die Ärzte vor und um die Leiche streiten, wer ihr jetzt welche Substanz zuführen darf, um welches Organ wie entnehmen zu können.

All das fand ich dann doch nicht so vertrauenserweckend, um solche schwarz-weiss-Meinungen zu rechtfertigen.
 

Goatboy

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sercador schrieb:
Ist es für dich unmoralisch, wenn Menschen ohne medizinische Kenntnisse einen warmen Körper mit Herzschlag nicht als toten Zellhaufen betrachten können?
Das an sich nicht, nein. Aber diesbezüglich sehe ich ohnehin einen Widerspruch zwischen dem Glauben an eine Seele einerseits (der auch heute noch weit verbreitet zu sein scheint) und dem Festhalten am Körper andererseits. Dieses Festhalten bleibt ja auch bestehen, wenn der Körper nicht mehr warm ist und das Herz nicht mehr schlägt. Unmoralisch ist es, wenn jemand den Tod einsieht und eine Organentnahme ablehnt.

Giacomo_S schrieb:
Sie hat selbst schon gesehen, wie sich ein Hirntoter noch einmal kurz bewegt hat, was von den Ärzten als "Nervenreaktion" abgetan wurde.
Lazarusphänomen. Abgetan ist das falsche Wort, das ist schließlich nichts Unerklärliches, sondern ein Automatismus auf spinaler Ebene. Wenn du einem Hirntoten in den Arm kneifst, bewegt sich der Arm manchmal; wenn du ihm ins Gesicht kneifst, bewegt sich nichts, weil die Reflexverschaltung nicht über das Rückenmark verläuft, sondern über das Gehirn. Das ist wirklich keine große Sache.

Selbst Hirntoten muss man auch Betäubungsmittel geben, da sie auf Schmerzreaktionen reagieren.
Man muss nicht. Manche Anästhesisten geben Schmerzmittel, aber dann aus subjektiven, persönlichen Gründen. Meines Wissens ist das nicht verpflichtend.

Dann müssen die Ärzte dem Toten andere Medikamente zuführen, um die Organe entnehmen zu können. Die Substanzen sind für verschiedene Organe unterschiedlich und haben teilweise für andere Organe negative Wirkungen. Sie berichtete mir, dass es öfter mal vorkomme, dass sich dann die Ärzte vor und um die Leiche streiten, wer ihr jetzt welche Substanz zuführen darf, um welches Organ wie entnehmen zu können.
Erhaltene Organe können natürlich auch nach dem Tod noch geschädigt werden. Wenn risikobehaftete Medikamente nicht verabreicht werden, spricht das doch nicht gegen das Konzept des Hirntodes.
 

dkR

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Geht es jetzt um Organspende allgemein oder selbst Organspender zu sein?
Oder die Entscheidung für andere Menschen zu treffen?
 

Simple Man

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Frage ich mich auch ... ich habe nix gegen Organspende, finde es aber auch reichlich doof, mich als unmoralisch beschimpfen zu lassen, nur weil ich möglicherweise selber keine Organe spenden will ...
 

dkR

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Ich beschimpfe dich nicht als unmoralisch, du kannst doch mit deinen Organen machen was du willst, auch wenn du sie eh nichtmehr brauchst.
 

Giacomo_S

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Goatboy schrieb:
Lazarusphänomen. Abgetan ist das falsche Wort, das ist schließlich nichts Unerklärliches, sondern ein Automatismus auf spinaler Ebene. Wenn du einem Hirntoten in den Arm kneifst, bewegt sich der Arm manchmal; wenn du ihm ins Gesicht kneifst, bewegt sich nichts, weil die Reflexverschaltung nicht über das Rückenmark verläuft, sondern über das Gehirn. Das ist wirklich keine große Sache.

So simpel schien das für sie aber nicht zu sein. Eine OP-Schwester hat immerhin eine medizinische Ausbildung - dennoch schien sie das nicht los zu lassen.

Goatboy schrieb:
Selbst Hirntoten muss man auch Betäubungsmittel geben, da sie auf Schmerzreaktionen reagieren.
Man muss nicht. Manche Anästhesisten geben Schmerzmittel, aber dann aus subjektiven, persönlichen Gründen. Meines Wissens ist das nicht verpflichtend.

Mir kam das auch erst merkwürdig vor - schließlich ist ja das Gehirn die Schaltzentrale, die Schmerz erst überhaupt verarbeitet.
Aber sie erklärte mir, dass man den Hirntoten deshalb Schmerzmittel geben müsse, weil anderenfalls bei der OP der Körper auf den Schmerz mit typischen (unerwünschten) Schmerzreaktionen reagiert, die sich dann auf den Puls, Blutdruck usw. auswirken.
 

Goatboy

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Richtig. Weil die peripheren Schmerzrezeptoren ja erhalten sind.

So simpel schien das für sie aber nicht zu sein. Eine OP-Schwester hat immerhin eine medizinische Ausbildung - dennoch schien sie das nicht los zu lassen.
Wie gesagt, das Lazarusphänomen ist neurophysiologisch einfach zu erklären. Vielleicht war sie ja eher emotional als rational eingestellt.

Simple Man schrieb:
ich habe nix gegen Organspende, finde es aber auch reichlich doof, mich als unmoralisch beschimpfen zu lassen, nur weil ich möglicherweise selber keine Organe spenden will ...
Seinen Körper lieber absichtlich unter der Erde verwesen oder im Feuer verbrennen zu lassen, anstatt mit ihm mehreren Menschen das Leben zu retten? Und dann auch noch nichts gegen das Prinzip zu haben, (vielleicht im Falle des Falles selbst davon profitieren zu wollen?), sich aber selbst möglicherweise nicht daran beteiligen zu wollen? Wenn du das nicht unmoralisch findest, haben wir grundlegend verschiedene Moralvorstellungen.

Eine Verweigerung der Organspende fände ich ethisch dann vertretbar, wenn man sich selbst dazu bereit erklären würde, im Falle des dringenden persönlichen Bedarfes keine Spenderorgane anzunehmen. Damit wäre man, sozusagen, raus aus dem System. Wenn man aber gerne und mit offenen Armen bereit ist zu nehmen, aber sich lieber von Maden fressen lässt, als zu geben, und das während es im wahrsten Wortsinne um Leben und Tod geht... Ja, dann finde ich das unmoralisch.
 

Helika

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Vielleicht bin ich einfach paranoid, aber wer garantiert, dass man wirklich alle gleich behandelt und wirklich lange genug wartet, bis man den Tod erklärt?

So etwas möchte ich selbst entscheiden dürfen oder sicher gehen können, dass meine nahen Angehörigen nach reiflich Überlegung meinen Körper für den modernen Kannibalismus freigeben. Eine allgemeine politische Bestimmung dazu heiße ich jedenfalls nicht gut.

Trotz der harschen Worte bin ich tendenziell Pro-Organspende. Ich vertraue nur dem System nicht weit genug, ihnen die Entscheidung darüber allein zu überlassen.
 

Goatboy

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Helika schrieb:
Vielleicht bin ich einfach paranoid, aber wer garantiert, dass man wirklich alle gleich behandelt und wirklich lange genug wartet, bis man den Tod erklärt?
Wer sollte denn ein Interesse daran haben, nicht lange genug zu warten?

So etwas möchte ich selbst entscheiden dürfen oder sicher gehen können, dass meine nahen Angehörigen nach reiflich Überlegung meinen Körper für den modernen Kannibalismus freigeben. Eine allgemeine politische Bestimmung dazu heiße ich jedenfalls nicht gut.
Aber so war es doch immer, so ist es jetzt und soweit ich informiert bin, hat niemand vor, jemanden zur Organspende zu zwingen. Mit einem Wort habe ich jedoch ein Problem: würdest du auch von Kannibalismus sprechen, wenn dein Kind eine neue Lunge bräuchte?
 

Helika

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Goatboy schrieb:
Wer sollte denn ein Interesse daran haben, nicht lange genug zu warten?

Soll auch Leute geben, die andere Leute betäuben, entführen, ihnen eine Niere entnehmen und sie hinterher wieder laufen lassen mit schicker Narbe. Jaja, natürlich nur in Entwicklungsländern, aber anscheinend gibt es einen Markt für menschliche Ersatzteile. Da ist meine (zugegebene Paranoia) vielleicht nicht ganz so abwegig.


Aber so war es doch immer, so ist es jetzt und soweit ich informiert bin, hat niemand vor, jemanden zur Organspende zu zwingen. Mit einem Wort habe ich jedoch ein Problem: würdest du auch von Kannibalismus sprechen, wenn dein Kind eine neue Lunge bräuchte?

Sollte es nicht aber eine Gesetzesänderung geben, dass jeder erstmal als Organspender angesehen wird, es sei denn er sagt anderweitiges? Falls das schon wieder überholt ist, meine Aussage auch für überholt betrachten. ;)

Und was den Kannibalismus angeht: Ja, das ist durchaus provozierend. Und ja, ich würde ev. auch so reden, wenn mein Kind eine Lunge bräuchte und ich wäre dennoch dankbar und überglücklich, wenn sich ein passendes Spenderorgan finden ließe.
Wie ich sagte: Sehr wahrscheinlich würde ich selbst bzw. meine Familie auch zustimmen, meine Organe freizugeben (habe auch schon Blut gespendet und würde auch Rückenmark spenden bei Bedarf). Aber genauso sollte man akzeptieren, wenn sich jemand - aus welcher Überzeugung auch immer - dagegen entscheidet.
Ich mach auch meine Freunde nicht an, die nicht zum Blutspenden gehen - und damit könnten sie ggf. auch Menschenleben retten.
 

Goatboy

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Helika schrieb:
Soll auch Leute geben, die andere Leute betäuben, entführen, ihnen eine Niere entnehmen und sie hinterher wieder laufen lassen mit schicker Narbe. Jaja, natürlich nur in Entwicklungsländern, aber anscheinend gibt es einen Markt für menschliche Ersatzteile. Da ist meine (zugegebene Paranoia) vielleicht nicht ganz so abwegig.
Und die machen das davon abhängig, ob das Entführungsopfer einen Organspendeausweis hat?

Sollte es nicht aber eine Gesetzesänderung geben, dass jeder erstmal als Organspender angesehen wird, es sei denn er sagt anderweitiges?
Nein, zu keiner Zeit.

und würde auch Rückenmark spenden bei Bedarf
Ehrenhaft, aber ich glaube, das brauchst du selbst noch...
 

wintrow

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Es ist eine der gesellschaftlichen Kernfragen. Freiwillig Organspender zu sein ist wahrscheinlich keine einfache Entscheidung. Aber wenn man auf der Liste steht und braucht eine neue Lunge dann betet man das sich jemand dafür entscheidet sein Organ nach seinem Ableben zu spenden. Zwingen kann man hier zum Glück keinen, aber jeder sollte darübe mal nachdenken.
Ich selber konnte mich nicht dafür entscheiden, aber ich rauche und trinke auch gerne mal, wer weiss ob das dann überhaupt was bringt :mrgreen: .

Es ist wie bei der freiwilligen Feuerwehr. Nichtmal 10% entscheiden sich für den freiwilligen Dienst aber 100% erwarten das die feuwehr da ist wenn es brennt. Das ist der Knackpunkt unserer Gesellschaft, man erwartet zuviel und bringt zu wenig!
 

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