Irak - Kriegsgründe und Unwägbarkeiten

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Inwieweit wird sich im Irak Wolfowitz’ Domino-Theorie bewahrheiten? Paul Wolfowitz, der stellvertretende US-Verteidigungsminister, gilt als Architekt der „New World Order“, dem amerikanischen Versuch, die ganze Welt unter eine US-Hegemonie zu stellen - getreu dem Glauben, dass nur der freimaurerisch-amerikanische Weg der einzig richtige Weg darstellen kann.

Bereits vier Tage nach dem 11. 9. 2001 wurde auf Anraten von Wolfowitz das irakische Regime in die "Kampf gegen den Terrorismus" - Kampagne einbezogen.

Laut einer Art "positiver Domino-Theorie" sollte der Sturz des Hussein-Regimes und die Installation eines demokratischen Systems im Irak eine auf die gesamte arabische Welt ausstrahlende Signalwirkung haben, die zur Demokratisierung anderer, arabischer Staaten führt.

Wolfowitz:
"Wenn das irakische Volk erfolgreich ist bei der Errichtung einer Regierung, die es repräsentiert und die Möglichkeit der Freiheit und Demokratie in der arabischen Welt demonstriert, wird dieser Prozess eine Inspiration für andere Länder in einer Weise sein, die sehr positiv ist. Die Macht der demokratischen Idee, wir haben sie in Ostasien gesehen, die Stärke der Demokratie in Japan hat sich in ganz Asien verbreitet."

Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit das Wort "Demokratie" in einem Land ausgelegt werden kann, welches nicht von einem demokratisch gewählten Präsidenten regiert wird. Eher liegt der Gedanke nahe, dass sich die amerikanische Junta aus Geldadel und Geheimbündlertum unter dem Deckmantel der Terroristen-Verfolgung einen Weg sichert, die Macht der Seilschaften und des Filzes weiter auszubauen - und den Hunger der grossen US-Firmen nach immer neuen Absatzmärkten zu stillen.

Doch auch nach einem Ende des Saddam-Regimes in Bagdad liegen noch viele Unwägbarkeiten auf einem steinigen Weg.

Es wird für die Koalition nicht einfach werden, die Bevölkerung des Irak von Ihren hehren Zielen zu überzeugen. Die einfache Bevölkerung, welche nie eine andere Staatform als Saddams Sozialismus kennen gelernt hat, steht einer aufgepfropften Regierung sehr kritisch gegenüber.
Es ist für sie nicht absehbar, welche Auswirkungen die Okkupation des Iraks auf ihr alltägliches Leben haben wird. Da aber die wichtigsten Regierungsämter nun von Amerika-Nahen und dem "großen Bruder" genehmen „Vertretern“ eingenommen werden sollen, schwinden die Hoffnungen, dass im Mittleren Osten wirklich demokratische Lösungen verwirklicht werden.

Was geschieht mit Kurdistan?

Argwöhnisch von den Nachbarn beobachtet, ballt sich im Norden des Iraks eine ansehnliche Streitmacht der Peshmerger, dem kämpfenden Teil der kurdischen Bevölkerung.
Weder die Türkei, noch der Iran und schon gar nicht die Russen wollen einen eigenständigen Staat Kurdistan; doch wie will die Koalition dies den Kurden beibringen? Es ist anzunehmen, dass die Kurden, nachdem sie zum jetzigen Kriegsverlauf einen nicht unerheblichen Teil als koaliertes Kanonenfutter beitrugen, nun von den Entscheidungen über ihr Wohl ausgeschlossen werden.
Es ist zu hoffen, dass die Alliierten diesmal zu ihrer Verantwortung den unterstützenden Stämmen gegenüber stehen und sie nicht - wie seinerzeit, nach dem ersten Golfkrieg - den Schlächtern überlassen.

Teheran und die Schiiten im Irak.

Auch im Süden des Landes sitzen die westlichen Truppen auf einem Pulverfass. Da auch die schiitische Bevölkerung der Invasions-Armee ablehnend gegenübersteht, wird es vor allem in der Nähe der schiitischen Heiligtümer Nadschaf und Kerbala zu einer grossen Opposition gegenüber allen nicht aus ihren eigenen Reihen stammenden Führern kommen.
In Teheran wartet Ajatollah Muhammed Baker Al Hakim, oberster Führer der Schiiten im Irak, auf eine sichere Rückkehr, welche von den Alliierten mit Unbehagen beobachtet wird - trotzdem werden sie im Südirak nicht ohne seine Unterstützung herrschen können. Zur großen Enttäuschung der Alliierten lehnen aber die Exil-Schiiten in Teheran bislang eine Zusammenarbeit mit der Koalition strikt ab.

Welche Existenzberechtigung hat die UNO noch ?

Seit der Gründung der UNO versucht die Megamacht USA, den von ihr als Konkurrenz empfundenen Weltbund kaltzustellen, wann immer er sich nicht für die Washingtoner Interessen instrumentalisieren lassen will. Nun scheint ihr dies sogar endgültig gelungen zu sein. Welchen Sinn macht ein Staatenbund, wenn er nicht einmal imstande ist, ein einziges renitentes Mitglied zur Kooperation zu bewegen?
Dieses für die UNO sehr kräftezehrende Duell ist einmal mehr zugunsten der einzigen verbliebenen Supermacht verloren gegangen. So soll die UNO nun auch von Entscheidungen des Wiederaufbaus ausgeschlossen werden, da dies natürlich die von den Amerikanern und Briten bereits vergebenen Aufbau-Verträge gestört hätte.

Auch innerhalb von Amerika wächst der Protest gegen die Junta.

Obschon die amerikanische Industrie durch Voraus-Verträge über den Wiederaufbau des Iraks Milliardengewinne in Aussicht hat, ergeht es den meisten Amerikanern dreckiger als je zuvor.
Viele Schulen können im Winter nicht mehr geheizt werden; Zuschüsse für Bibliotheken werden gestrichen; das Prokopfeinkommen ist trotz Zweitjob stagniert und G. W. Bush beantragt 74,7 Milliarden US-Dollar für den Sturm auf Bagdad.
Ebenso werden auch in den USA langsam Stimmen laut, welche nun endlich Beweise zu den als Kriegsgründen angeführten Beschuldigungen fordern.
Wo sind die Massenvernichtungsmittel wie Giftgas oder angereicherter Uran für „schmutzige“ Bomben und wo sind die Langstreckenraketen, welche weiter als 150 km fliegen können? Die Falken kommen in einen Erklärungsnotstand, der von den amerikanischen Medien in täglich wiederkehrender Ironie des Schreckens mit Bildern von jubelnden Irakern übertüncht wird.
Doch niemand hier und in Übersee wird zu sehen bekommen, wie sich die Koalition die jubelnden Stimmen mit Trinkwasser erkauft. Ein Unrechts-Regime stürzt das andere, von Staats-Tyrannei zu einer aufgepfropften „Wirtschafts-Demokratie“; sogar die Bilder der dafür Jubelnden ähneln sich.

Auch für den Pulitzer-Preisträger Norman Mailer ist der Demokratie-Export mit Gewalt ein monströser Irrweg. "Wahre Demokratie", schrieb er am 21. Februar im Daily Telegraph, "entsteht aus vielen subtilen menschlichen Schlachten, die im Lauf von Jahrzehnten und schließlich Jahrhunderten ausgefochten werden; in Schlachten, aus denen sich erfolgreich Traditionen aufbauen. Die einzigen Verteidigungslinien der Demokratie sind am Ende die demokratischen Traditionen. Wenn man diese Werte missachtet, spielt man mit einem edlen und verletzlichen Gebilde. Es gibt nichts Schöneres als die Demokratie. Aber man kann nicht damit spielen. Man kann nicht einfach annehmen, wir gehen jetzt da mal rüber und zeigen denen, was für ein tolles System wir haben. Eine ungeheure Arroganz ist das."

Der einzige Widersacher einer neuen Weltordnung ist die weltöffentliche Meinung.


Der Geist der Demokratie kann nicht von außen aufgepfropft werden. Er muss von innen heraus kommen
 

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