Internet Society: Kopierschutz nicht gesetzlich verankern

Atlan

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Quelle: http://www.heise.de/newsticker/data/jk-16.08.02-007/

Internet Society: Kopierschutz nicht gesetzlich verankern

[16.08.2002 16:08]

Angesichts zahlreicher neuer Gesetzesvorstöße in Europa und den USA,
mit denen Politiker und Regierungen die Rechte der Informations-
industrie durch die Sanktionierung von Systemen zum Digital Rights
Management deutlich ausweiten wollen, hat die Internet Society
(ISOC[1]) jetzt vor gravierenden Folgen für die betroffenen Gesell-
schaften gewarnt. In einer Erklärung spricht sich die ISOC, die
Muttergesellschaft wichtiger Netzstandardisierungsgremien wie der
Internet Engineering Task Force (IETF[2]) oder dem Internet Archi-
tecture Board (IAB[3]), strikt gegen die gegenwärtigen Versuche aus,
die umstrittenen Kopierschutztechniken mit dem gesetzlichen Segen
auszustatten. Grund: DRM-Systeme "werden so gebaut, dass sie nur
die ökonomischen Interessen gewisser Eigentümer intellektuellen
Eigentums schützen -- auf Kosten der ökonomischen Interessen viel
größerer Teile der Gesellschaft."

Würden die Regierungsvorschläge Wirklichkeit, die hierzulande etwa
mit der bereits vom Bundeskabinett abgesegneten, aber dennoch
weiterhin heftig umstrittenen Urheberrechts-Novelle[4] umgesetzt
werden sollen, droht laut der ISOC ein wenig erfreuliches Szenario:
In einer Welt, in der der Programmiercode von Kopierschutztechniken
rechtlich zwangsgesichert werde, seien sämtliche digitalen Medien
entweder vollständig nutzungskontrolliert oder total verboten.
"Spezielle Interessensgruppen, die sich bisher ständig Innovationen
in den Weg gestellt haben, haben damit eine Veto-Macht über neue
Technologien", schreibt die ISOC ihre Skizze unter Anspielung auf
die wenig internet- und technikfreundlichen Strategien der Musik- und
Filmindustrie fort. Das wäre ein Fiasko für die Gesamtgesellschaft,
die ein gewaltiges ökonomisches Interesse etwa an der Förderung von
freier Forschung habe, da in deren Zuge neue Produkte, Services und
Jobs geschaffen würden.

Urheberrechte müssten im Rahmen einer "vernünftigen öffentlichen
Politik" zwar respektiert, aber immer im Zusammenhang mit den
Rechten der Verbraucher und Nutzer gesehen werden, heißt es in der
Mitteilung weiter. Die bisherigen "Fair-Use"-Ausnahmen von den Ver-
breitungsrechten der Kreativen und der Verwerter ihrer Ideen müssten
bei der Neugestaltung des Urheberrechts berücksichtigt werden. In
Deutschland sind diese "Fair-Use"-Bestimmungen in "Schrankenregeln"
wie das Recht auf die Privatkopie gefasst und geraten momentan im
digitalen Bereich in Gefahr[5]. Aber auch aus rein technischer Per-
spektive ist die ISOC gegen die "Verrücktheit einer von Regierungen
vorgeschriebenen Technik": Das ganze Konzept würde die Entwicklung an
einem gewissen Punkt einfrieren und die Entwicklung neuerer und
besserer Standards behindern.

Als klassisches Beispiel für die Gefahren einer DRM-Gesetzgebung, wie
sie hierzulande von Verbänden wie dem Bitkom[6] äußerst vehement[7]
und mit einer selten erlebten Hartnäckigkeit[8] gefordert wird, führt
die ISOC den Digital Millennium Copyright Act (DMCA[9]) in den USA an.
Damit wird -- gemäß der Vorgaben der World Intellectual Property
Organization (WIPO[10]) -- die Umgehung von technischen Kopierschutz-
maßnahmen unter Strafe gestellt. Das sei gut gemeint, da das Gesetz ja
vorgebe, den Urheberrechts- Eignern zu helfen. Gleichzeitig behindere
es aber ernsthaft die Forschung in Feldern wie Verschlüsselung und im
gesamten Sicherheitsbereich[11]. Die Internet Society ruft daher die
Politiker weltweit auf, den Schaden durch offensichtlich "kurzsichtige
Gesetzesinitiativen" zu minimieren. Sie müssten bei der Umsetzung der
WIPO-Urheberrechtsverträge darauf achten, die Fortschritte im Bereich
Wissenschaft und Technologie nicht zu gefährden.

(Stefan Krempl) / (jk[12]/c't)

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