Die Sache mit den Beratern

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Bestimmt haben Sie mitbekommen, welche „Skandale“ sich in Berlin und Nürnberg um sogenannte "Beraterverträge" abgespielt haben. Mit einer kleinen zeitlichen Unterbrechung sind nun weitere Verträge mit Beratern aufgetaucht. Ob nun WMP bei Gerster, oder Berger bei Struck: Immer wieder wurde erwähnt, dass die Leute wohl irgendwie wichtig sind für die Behörden, jedoch die Vergabe der Aufträge nicht ganz so sauber abgelaufen ist. Doch was machen diese Firmen dort eigentlich? Mir fällt da ein geflügelter Witz aus Firmen ein: „Du, McKinsey ist jetzt bei uns um zu beraten.“ Darauf die Gegenfrage: „Und, hast schon einen neuen Job?




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Bild 1 - Erster Absatz der Geschichte aus FAZ Online



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Bild 2 - Letzter Absatz aus Focus 1/2004





In der FAZ vom 21.12.2003 stand dann auch, dass die Beraterfirmen etwa eine Milliarde Euro vom Staat kassieren, um diesen effizienter zu gestalten. In Focus 1/2004, S. 31 kann man sogar lesen, dass sich die Firmen künftig jeden zweiten Euro Umsatz aus Staatsaufträgen versprechen. Daher weht also der Wind - es gibt einen großen Kuchen zu verteilen! Warum man sich gerade die Berater von außen holt, ist auch klar: Denn diese sind wichtig, um interne Widerstände“ zu überwinden. Dazu kommen denn die schicken, denglischen Begriffe zum Einsatz, wie "Reform-Management" oder „Modernisierungsboards“. Bleiben wir weiter auf der Schiene, lässt sich auch hier ein Begriff für die Überwindung der Widerstände finden: „Das machen wir Top-Down“ sagen unter anderem Topverkäufer gerne. "Also einer der hoch bezahlten Einflüsterer erzählt, wie es in Zukunft gemacht werden soll; der Minister stimmt zu und die Meute unten darf sehen, ob sich diese neuen Prozesse umsetzen lassen - ohne Rücksicht auf Verluste." Wobei wir schon wieder bei Witzen sind, die in Firmen grassieren „Zuerst kam McKinsey und dann der Insolvenzverwalter“.

Doch hier ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Auf stern.de erschien am 17.12.2003 eine höchst informative Geschichte unter dem Titel „Revolution von oben“ die davon handelt, wie nun mehrere Verbände und Unternehmen Reformvereinigungen gründeten. Die haben lauter schmucke Titel, wie „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, „Bürgerkonvent“, „Klarheit in der Politik“, „Marke Deutschland“, „Deutschland packt‘s an“, „Konvent für Deutschland“ - da steckt auch wieder viel "Berger" drin. Das sind Lobbygruppen, die hauptsächlich die Bürger im Fokus haben und versuchen, ihnen die „notwendigen Reformen“ einzureden. Ganz offen ist in diesem Stern-Artikel zu lesen, was die Herren von der Bevölkerung denken: "Die sind ziemlich blöd, deshalb wird jetzt in einer Art „Sendung mit der Maus“ alles ganz klar Schritt für Schritt erklärt."" Natürlich darf auch der „Bürgerkonvent-Mann“ Miegel nicht fehlen, der ständig betont: "Die staatliche Rente wird bald auf Sozialhilfe absinken, da muß man schon selbst vorsorgen."" Jeder ältere Mensch der kurz vor der Rente steht, der 40 Jahre geschuftet und in diese Rentenkasse eingezahlt hat; eventuell versucht hat sich über Immobilien oder Versicherungen ein zweites Standbein zu schaffen, muss sich doch betrogen vorkommen! Vielleicht können wir in ein paar Jahren auch ein paar ganz zynische Schlagzeilen lesen: „Die Bundesregierung gibt bekannt, dass sie den ‚frühen Tod aus Anstand vor der Rentenkasse‘ gerne fördern möchte“.

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Bild 3 - Die Stern Geschichte zur Revolution der Elite

Ganz nebenbei ist der Herr Professor Miegel natürlich Berater für die Versicherungsbranche, die gerne die entsprechenden Verträge verkaufen würde. Komisch - haben Sie die Nachrichten über kollabierende Lebensversicherer verfolgt, die sich mal eben „verspekuliert“ haben und dass dort jetzt die Auszahlungen für die Versicherungsnehmer sinken werden? Die Politiker erklären zur gleichen Zeit, dass zukünftig auch Lebensversicherungen und andere Einkommen (das ist die Eigenvorsorge fürs Alter) besteuert werden!

Auch spricht der Herr Professor natürlich nicht gerne mit Arbeitslosen - die sind ihm wohl zu unfein.


Miegel ist auch besonders aktiv in der Debatte um Kinderlosigkeit in Deutschland. Um einen einen kurzen Exkurs einzulegen: Wer sich dafür interessiert (denn die Bevölkerung schrumpft nicht nur bei uns!), sollte sich Arbeiten, wie „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome ansehen. Unter den Vorschlägen, die der Club of Rome machte, waren unter anderem:

1. Der Bevölkerung Zugang zu 100% effektiver Geburtenkontrolle verschaffen.
2. Die Familien sollten maximal zwei Kinder haben.
3. Anstrengungen sollten erfolgen, das ökonomische System auf eine durchschnittliche Produktivität pro Kopf auf die des Durchschnitts von 1975 festzusetzen.
Man sehe sich die heutigen Verhältnisse an und vergleiche.

Langsam glaube ich, die Geschichte dreht sich im Kreis. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit immer wieder mit den Hintergründen internationaler Finanzen und neoliberaler Experimente. In Verbindung mit dem Terror und dem „Krieg gegen den Terror“ geht es nicht um bestimmte Gruppen. Hier geht es um eine Globalreform, um einen Angriff gegen die Bürger. Reformen und globalen Frieden auszulösen, sozusagen. Teil dieser Reformen (die oft das Gegenteil auslösen!) ist auch die immer stärkere Privatisierung von Staatseigentum (sprich, das Eigentum der Bürger wird verkauft).

Der Journalist Greg Palast [1] hat in einem Interview treffend beschrieben, woher eigentlich diese Ideen kommen, die gerne als „Neoliberal“ bezeichnet werden - nämlich vom IWF (Internationaler Währungsfonds) und der Weltbank. Die Reformen für die einzelnen Länder laufen immer nach dem gleichen Schema ab: Da Südamerika in Flammen und Unruhen aufgegangen ist, scheint man sich nun auf den Westen zu stürzen. Die Reformen bestehen aus wenigen Schritten und dann versteht man auch, was sich abspielt:

1. Die Finanzmärkte werden geöffnet. Das wurde ja bereits durchgezogen; die Politiker haben mit Freuden diesen „Reformen“ zugestimmt. Kaum eine Talkshow, in der ein Politiker nicht mit den Schultern zuckt und meint: „Sehen sie, das Kapital kann eben heute überallhin fließen - wir können da gar nichts machen.“ Zusätzlich wurden in Südamerika die Banken an ausländische Finanzhäuser verkauft. Nun, der Schritt wird bei uns wohl ausfallen, schließlich sitzen diese „ausländischen Institute“ im Westen.

2. Der zweite Schritt sind „marktbasierte Preise“. Das ist, wenn ihre Strom- und Energiekosten immer stärker steigen. (Dazu passt auch diese Tagesschau Schlagzeile vom 18.1.2003: Trittin wirft Energieversorger "Abzockerei" vor)
Sie erinnern sich doch bestimmt noch an die Geschichten, die man ihnen erzählt hat, von wegen "neuer Freiheit im Strommarkt"? Oder dass auch das Wasser eigentlich unbedingt privatisiert werden soll, weil dann alles günstiger wird. Das mag ja am Anfang stimmen, doch schon bald steigen die Kosten wieder steil an - siehe am Telefonmarkt.

3. Die Grenzen werden geöffnet und es kommt zum komplett freien Markt. Der frühere Chefökonom der Weltbank und Nobelpreisträger, Joe Stiglitz, meinte dazu, dass es kein Freihandel sei, sondern Zwangshandel - komplette Volkswirtschaften werden hier auseinander genommen. Auch ist besonders toll, wenn wieder tausende Jobs nach Indien oder China verschoben werden. In Indien etwa mag ein gut bezahlter Job ja 500$ bedeuten (Sie bekommen dafür einen ausgebildeten Ingenieur, der in einem Callcenter arbeitet) - doch wie soll ein deutscher Angestellter hier jemals mithalten? Ganz zu Schweigen von Chinesischen Sklavenlagern, in denen praktisch zum Arbeitslohn „0“ die Massen produziert werden, die danach unter anderem bei WalMart USA verkauft werden.

Danach beginnt der zweite Teil der ganzen Misere; denn natürlich muss die Wirtschaft unter so einen Irrsinn kollabieren. Hier kommen dann auch die Berater und ihre Ratschläge zum Zuge. Was hat man in Argentinien gemacht? Ein fünftel der Bevölkerung ist dort arbeitslos. Also hat man der argentinischen Regierung geraten, die Arbeitslosengelder drastisch zu beschneiden, die Pensionsgelder wegzunehmen, Bildungsausgaben zu streichen. All diese Dinge vernichten eine Nation - ist das etwa das wirkliche Ziel von Berger & Co?

Denn die produzierende Wirtschaft ist danach nicht mehr - doch genau diese ist schließlich der Motor, der die Wirtschaft antreibt! Selbstredend kommt es in der zerstörten Nation danach zu den üblichen Begleiterscheinungen, wie z. B. erhöhter Kriminalität. Da man bei der Polizei ja irgendwie auch einsparen muss, gibt man vielleicht der verbleibenden Truppe mehr Befugnisse. Oder man erschafft private Sicherheitsdienste. Der letzte Teil des grandiosen Reformplans endete in Südamerika mit der Zerlegung der Regierungen und der Installation einer Militärregierung. Erwarten Sie nicht, dass es sich hier genau so abspielen wird! Hier wird man gleich den Schritt zur „Firmenregierung“ einlegen; das ist dann eine Regierung, die praktisch von externen Beratern abhängt und allzu enge Verbindungen zur „Wirtschaft“ (damit sind Großkonzerne gemeint) unterhält - sich hier beeinflussen lässt. Huch!

Am Schluss möchte ich nur noch einen weiteren Punkt anfügen, der vielleicht mit erklärt, warum die Berater gerade den Staat als Kunden möchten. Das hängt unter anderem mit unserem Geldsystem zusammen. Hier ein kleiner Teil der sich um den Begriff des „Teuro“ dreht (Hervorhebung von mir):

Das ist also der „Teuro“: In Wahrheit steigen Preise nicht, sondern der Wert des Geldes sinkt. Die Frage ist, wo eigentlich die Kaufkraft bleibt, die zuerst da war?
Das ist relativ einfach beantwortet: Zuerst natürlich beim Staat, der das frische Geld in die Finger bekommt; bei Menschen oder Firmen, die sich einen Kredit nehmen; bei Firmen oder Menschen mit Staatsnähe - die also für den Staat arbeiten.[2]

Die Damen und Herren Berater erschaffen sich also ein System, bei dem sie selbst am Tropf hängen, aus dem der noch gute Stoff kommt. Rechnen Sie nicht damit, dass sich diese Leute selbst „wegrationalisieren“. Das konnte man im Fall "Struck" schön beobachten - schließlich stiegen im Jahr 2001 die Zahlungen an Bergers Firma von 2,14 Millionen Euro durch Folgeverträge auf 10,7 Millionen im Jahr 2003 an. „Dafür muss eine alte Frau lange stricken“ sagt ein Sprichwort in Bayern - wie wahr.


[1] http://www.gregpalast.com/
[2] Ein hörenswertes Interview mit den US Autor G. Edward Griffin zum Thema Geld und Banken befindet sich hier: http://www.financialsense.com/Experts/2002/Griffin.htm
 

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