Der SPIEGEL-Komplex

hives

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Als ehemaliger Spiegelleser, der seine Begründung für die Kündigung des Abos gerade in den Berichten über das im folgenden vorgestellte Buch wiederfand, wollte ich mal nachfragen, ob es hier Leser gibt, die das Werk kennen und kommentieren wollen:


Oliver Gehrs

Der Spiegel-Komplex.

Wie Stefan Aust das Blatt für sich wendete.

Droemer Verlag, München 2005; 335 S., 19,90 Euro



Ein paar Stimmen zum Buch:


Die Hamburger "Von-Fall-zu-Fall-Meinung"
Herbe Kritik am "Spiegel"-Chef Stefan Aust

[...]

Gehrs setzt nicht auf Anekdötchen oder unterhaltsam Herbeispekuliertes aus dem Privatbereich, wie es beispielsweise Hellmuth Karasek in "Das Magazin" für nötig gehalten hatte. "Der Spiegel-Komplex" bietet über das Biografische hinaus eine spannende Beschreibung der gesellschaftspolitischen Situation in den 60er- und 70er-Jahren. Ein wenig schade ist, dass es dem Autor nicht gelang, Aust intensiver mit seinen Vorwürfen zu konfrontieren und zu Stellungnahmen zu bewegen. Dennoch sollte zumindest jeder, der wöchentlich seine drei Euro für das Blatt hinlegt, dieses Buch gelesen haben.
Das Parlament

Wie „Der Spiegel“ zu dem wurde, was er ist

Eine Biografie des Chefredakteurs erklärt, warum vom Hamburger Nachrichtenmagazin kaum noch aufklärerischer Journalismus zu erwarten ist. (AM)

[...]

Der Leser dieses von Gehrs glänzend geschriebenen Buches fragt sich, ob hier ein neues Meinungskartell entsteht. So wenig Stefan Aust eigene feste Überzeugungen zu haben scheint, eines, so macht sein Biograph Oliver Gehrs deutlich, ist klar: „Er („der Spiegel“) passt in eine Zeit, wo links fast rechts ist und von der herrschenden Ideologie abweichende Haltungen selten sind, weil sie schnell unter Ideologieverdacht stehen. Stefan Aust wiederum hat sein Leben lang gegen die Mächtigen angeschrieben, nun ist er selbst an der Stelle, wo er den Verlockungen der Macht erliegt.“ Die Redaktion des „Spiegel“ mag nicht immer geschlossen hinter ihrem Chefredakteur stehen, aber gegen ihn wird sie sich nicht stellen – zumindest nicht, solange er wirtschaftlich so erfolgreich ist. Dazu verdienen „Spiegel“-Journalisten einfach zu gut. Die wenigen, die es gar nicht aushalten, ziehen die Konsequenz, und gehen.
Nachdenkseiten


Eine kritische Rezension vom Goethe-Institut:

Der erfolgreiche Aufstieg des Journalisten Stefan Aust – kritisch gesehen

[...]

Das Nachrichtenmagazin hatte mit der Gründung von "Focus" seinen prononcierten Status auf dem deutschen Zeitungsmarkt eingebüsst und drohte seine Herausragende Stellung als Meinungsführer zu verlieren. Zumindest was die kommerzielle Seite des einstigen Flaggschiffs des kritischen Journalismus betrifft, konnte unter Austs Ägide der Niedergang gestoppt werden. Politisch hat das Blatt fraglos mit weiteren Bedeutungsverlusten zu kämpfen, was nicht nur den veränderten Rahmenbedingungen nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem sich weiter differenzierenden Medienmarkt in Deutschland geschuldet war.
Hier setzt auch die Kritik des Aust-Biografen Oliver Gehrs ein. Er sieht den SPIEGEL unter der Leitung eines im Grunde "unpolitischen" Chefredakteurs auf dem Weg zu zeitgemäßer Beliebigkeit. An Beispielen für seine Kernthese lässt er es nicht mangeln. Aus seiner Sicht profiliert sich das Blatt in der Ära Aust längst nicht mehr über jene politische Enthüllungsgeschichten, die früher das Renommee des SPIEGEL ausmachten. Aus persönlichen Gründen würden vielmehr interessante Hintergründe nicht mehr beleuchtet und brisante Storys vermieden.

[...]

Verglichen mit Aust hat der Medienjournalist Gehrs weder als Autor der Frankfurter Rundschau noch als Herausgeber des von ihm gegründeten Magazins "Dummy" auch nur annähernd jene publizistische Bedeutung erlangt, die Aust zugeschrieben werden kann.
So kann der Autor kaum für sich in Anspruch nehmen, eine halbwegs abgewogene Biografie oder gar ein Psychogramm von Aust vorgelegt zu haben. Auch gelingt es Gehrs kaum, über die streitbare, höchst umtriebige Persönlichkeit im SPIEGEL hinaus etwas über den Wandel in der Gesellschaft und die Medienwelt in der jüngeren Bundesrepublik zu erzählen, zumal sein Band leider einige lässliche sachliche Fehler aufweist. Auf der Habenseite wiederum kann Gehrs verbuchen, eine flott geschriebene Biografie vorgelegt zu haben, die zumindest Einblicke in den redaktionellen Alltag wie das Umfeld des SPIEGEL-Imperiums gewährt und deshalb nicht nur für Insider der Branche lesenswert ist.
Goethe-Institut


Und noch ein Interview mit Gehrs:
"Der Laden braucht wieder ein paar mutigere Leute"
Ex-Spiegelredakteur Oliver Gehrs hat ein Buch über den "Spiegel" und dessen Chefredakteur Stefan Aust geschrieben

Das Parlament: Sie haben ein sehr kritisches Buch über den "Spiegel" und seinen Chefredakteur Stefan Aust geschrieben. Ist der Montag für Sie Ärger-Tag?

Oliver Gehrs: Das überhaupt nicht. Es gab zwei Motivationen: Zum einen fand ich das Leben von Stefan Aust sehr spannend, weil ich bei der Beschäftigung mit seiner Biografie gemerkt habe, dass er die wichtigen Themen, die uns im Nachkriegsdeutschland politisiert haben, journalistisch beackert hat. Das fand ich sehr beeindruckend. Für mich war das als Nachgeborener, der nicht alles wie '68, Friedensbewegung oder Hausbesetzerszene miterlebt hat, eine Art Zeitreise. Mir war vorher gar nicht bewusst gewesen, wie sehr Stefan Aust den politischen Diskurs journalistisch geprägt hat. Das andere war, dass sich gerade der Medienjournalismus auffallend wenig mit dem "Spiegel" beschäftigt, obwohl er das interessanteste und mächtigste Blatt ist. Da gibt es eine Beißhemmung, weil der "Spiegel" sehr viel Macht hat und viele einschüchtert. Das fand ich immer schade, weil es medienpolitisch ein dankbares und sehr wichtiges Thema ist. Zudem merkt man, dass es innerhalb des "Spiegel" ein hohes Maß an Unzufriedenheit gibt, und auch als Leser fragt man sich, warum steht dieses im Blatt und warum anderes nicht. Der Sache wollte ich auf den Grund gehen.
Das Parlament


Wer hat das Werk gelesen und will sich dazu äußern?
 

HassanISabbah

Meister
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11. Oktober 2004
Beiträge
232
Ich habe das Werk noch nicht gelesen, werde es mir aber noch vornehemen.
hier ein Artikel der Taz zu Aust.

Aust und Richter praktizieren einen billigen Populismus gegenüber der politischen Klasse, wo eine sorgfältige Analyse der gesellschaftlichen und politischen Bedingungen angezeigt gewesen wäre. Sie trennen systematisch "die Ökonomie" von der Sozialpolitik. Sie posieren als Ideologen des Verzichts - aus reiner Überzeugung und nach bestem Wissen und Gewissen, wie es sich für Intellektuelle gehört.

http://www.taz.de/pt/2005/06/08/a0195.nf/text.ges,1

Der Chefredakteur von Deutschland
http://www.taz.de/pt/2005/03/12/a0278.nf/text
 

Booth

Erleuchteter
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19. Oktober 2003
Beiträge
1.951
Werde versuchen mir das Buch als Spiegel-Abonnent demnächst mal durchzulesen - kann aber sein, daß ich lange nicht dazu komme. Schaun wir mal...

gruß
Booth
 

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