Der Heldenhain oder die Metamorphose eines Ortes

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Hallo liebe Freunde,

mir fiel in der letzten Woche eine alte Ansichtskarte in die Hände, ich hatte sie hier auch gepostet, da ich Probleme bei der Übersetzung des Textes hatte - er war in Sütterlin verfasst. Mittlerweile ist mir der Text erläutert worden, es ging um einen Paul, der einen Anzug haben will und seinen Vater Stoff kaufen schickt. Aber darum soll es jetzt hier nicht gehen. Es geht hier um die Abbildung auf der Ansichtskarte:

ehrenmal2.jpg

Es zeigt den Heldenhain in Treuenbrietzen, dem Objekt meiner Geschichtsforschung um 1925 herum. Heute war ich in etwa an der gleichen Stelle wie der Fotograf damals:
ehrenmal3.jpg


Im vorderen Teil, also hinter dem Fotografen, war damals ein großzügig angelegter Vorplatz, heutzutage ist dort ein Russenfriedhof.

Am Kopfende der gesamten Anlage steht die "Siegessäule" mit der Victoria darauf, diese Säule steht schon seit der Errichtung der gedamten Anlage um 1925 herum. Es soltle damals mehr ein Park als ein Friedhof sein.

Um 1930 hinzugekommen ist der unten zu sehende Löwe mit seinen doch sehr patriotisch klingenden Sprüchen. Finanziert wurde dieses neue Herzstück von einem reichen jüdischen Kaufmann, der zuerst Deutscher und dann Jude war. Er trug das EK aus dem 1. WK und war ein angesehener Bürger der Stadt. Was dann passierte könnt ihr Euch sicherlich denken: In der Reichskristallnacht wurde er vom pöbelnden SA Mob totgeschlagen und war damit der einzigste Tote in Treuenbrietzen, aber dennoch einer zuviel. Dies nur als interessante historische Begebenheit...

Heutzutage ist leider nicht mehr viel übrig vom Glanz des "Heldenhains". Es gab vor ein paar Jährchen eine deftige Kontroverse, da ein sehr baufälliger Obelisk mit dem Sowjetstern das Zentrum der Anlage darstellte. Die Stadt wollte die Sichtachse durch den Hain wiederherstellen und sich gegen eine Renovierungs des Obelisken entscheiden und diesen abreissen. Dies gefiel der Ortsgruppe der PDS nicht, die daraufhin die russsiche Botschaft informierte usw. usw. Der Obelisk drohte dann irgendwann einzustürzen und wurde nach Jahren der Diskussion entfernt, der Sowjetstern kann im Museum besichtigt werden.

Die Grabsteine, sowohl die Russischen, als auch die Deutschen sind leider nur noch sehr schwer zu erkennen, auf einigen haben Leute die Inschriften mit Edding nachgezogen, die Tafeln an der Siegessäule sind mit Graffiti und blöden Sprüchen versaut... Einzig der Löwe wacht erhaben über die Anlage, die mit Gingko Bäumen gesäumt ist....

Hier die Säule nach ihrer Errichtung:

41191.jpg


Und hier der Hain um 1935 bereits mit dem Löwen im Zentrum:
81347.jpg


Hier noch einige Impressionen von heute:

graeber.jpg


loewe2.jpg


loewe.jpg


saeule.jpg


victoria.jpg


Es ist schon interessant zu sehen wie sich so ein Ort im Laufe der Zeit verwandelt. Man merkt dabei wie klein seine eigene Rolle in der Geschichte ist und wie vergänglich der ganze Glanz ist. Auch das Wissen einiger kleiner Epsioden, die mit einem Ort verbunden sind hat irgendwie etwas anziehendes. Selbst wenn Treuenbrietzen nur eine Kleinstadt im Süden Brandenburgs ist, es gibt dort noch viel zu entdecken...

Liebe Grüße

Kai
 

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