Chemtrails - was ist dran?

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Chemtrails - mit anderen Worten:
Chemisch erzeugte Pseudo-Flugzeugkondensstreifen.

Die Theorie der Chemtrails-Verschwörung besagt, dass verschiedene Regierungen oder Organisationen (da ist man sich nicht so einig) das globale Klima gezielt mit dem Sprühen von ionisiertem Bariumsalz, Aluminiumpulver usw. manipulieren. Dabei werden "Unbezweifelbare und beweisbare Tatsachen" angeführt, welche dem Leser das Ausmass der Verschwörung verdeutlichen sollen.
Als Beweise gelten zB Bilder von Flugzeugen mit Vorrichtungen, welche zu Testzwecken zusätzliche Triebwerke montiert haben. Dabei ist es regulär, dass neue Triebwerksmodelle erstmal an Testträgern montiert werden, um unter realistischen Bedingungen Werte zu erhalten. Oder es werden Flugzeuge mit Sprühvorrichtungen gezeigt - allerdings ohne den wirklichen Zweck der fotografierten Einsätze erfragt zu haben.

Es ist kein Geheimnis, dass zB in den USA Versuche unternommen werden, Unwetter durch sogenanntes "Impfen" abzuwenden. Aber die Behauptung, dass seit der Existenz von Düsentriebwerken am Himmel ein globaler Sprühangriff läuft, ist mehr als lächerlich. Jawohl, solange gibt es diese Effekte tatsächlich schon. Ältere Mitbürger werden das sicher gern bestätigen.
Auch Greenpeace scheint in diese Affäre verstrickt zu sein. Denn anders können sich die Verfechter dieser Verschwörungstheorie nicht erklären, dass die Umweltschutzorganisation bis heute jegliche Kenntnis über solche Sprühaktionen verneint.
Ziele der Verschwörung sollen sein: Profit, Monopolbildung und natürlich mal wieder die Weltherrschaft einer bestimmten Religionsgruppe. Sogar Krebs, Aids und andere Krankheiten werden von den Urhebern dieser Theorie als "bewiesene" Folgen der Chemtrails genannt.

Die Quellen, auf die man sich bezieht, sind allerdings mehr als nur fragwürdig. Die sogenannten "Experten" beantworten zB die Frage: "Könnte man Sie als Wissenschaftler bezeichnen?" mit: "Ich forsche und untersuche auf wissenschaftliche Art." oder "Ich habe Papiere veröffentlicht und besitze akademische Grade."
Würden diese akademischen Grade auch nur annähernd etwas über die Qualifikation bezüglich des Themas verraten, wären sie wohl genannt worden. Oder? Selbst wenn man aus "Furcht vor den Regierungen unbekannt bleiben möchte", könnte man wenigstens die Art seiner Qualifikation klar definiert darlegen.

Auch Aussagen wie "Meine offizielle Funktion hat mit direkter Forschung in Fragen der Atmosphäre bezüglich Verschmutzung zu tun."oder "Ich erstelle auch Modelle potenzieller Langzeitauswirkungen der Treibhausgase auf das Klima. Ich sage Strukturen der Entwicklung von Wetter und Winden voraus." können genauso zu einem datenverarbeitenden Angestellten und Hobbymeterologen passen. Einen wirklichen Nachweis über Sachkenntnis bleibt man schuldig. Ein akademischer Rang allein bezeugt zudem auch nicht automatisch spezielle Sachkenntnis. Ein Dipl. Ingenieur kann Spezialist für Statik von Gebäuden sein oder ein Dr. kann Geschichtsforscher sein - und von jenem würde man sich ja auch nur sehr ungerne operieren lassen. Solange diese sogenannten "Fachleute" keinen Nachweis über ihre Qualifikationen erbringen, sind diese Aussagen also fachlich genauso so wertvoll, wie der Inhalt eines Groschenromans.

Jedoch scheinen solch vage Aussagen zu genügen, um den eifrigen Leser davon abzuhalten, selbst zu Recherchieren oder gar Nachzudenken. Stattdessen werden dann lieber E-Mails verschickt und es wird in Internetforen gepostet, um die Welt über das unglaubliche Vorgehen da Draussen zu informieren.
Mit einem Schlag sind dutzende Reportagen vom Flughafenalltag vergessen. Es wird nicht bemerkt, wie unglaubwürdig die Aussage ist, dass Linienflugzeuge - von allen Mitarbeitern und Angestellten (Betrieb, Wartung, Begleitung, etc.) unbemerkt - als Sprühflugzeuge missbraucht werden können.
Der lächerliche Hinweis seitens der Verschwörungsgläubigen, dass natürlich alle Menschen, die mit diesen Flugzeugen zu tun haben, auf den Gehaltslisten jener Geheimorganisationen stehen, erübrigt sich bei genauerem Nachdenken schon aufgrund des Personalaufkommens.

Die Chemtrail-Verfechter definieren einen Kondensstreifen so: "Ein 'echter' Kondensstreifen erstreckt sich meist nur wenige Kilometer hinter dem Flugzeug und wird meist innerhalb von zehn Sekunden bis fünf Minuten unsichtbar. Sie bilden sich nur bei Temperaturen unterhalb von Minus Vierzig Grad Celsius und relativer Luftfeuchtigkeit von siebzig Prozent oder mehr. Sie behalten meist bis zur raschen Auflösung eine fest-umgrenzte Wolkenspur."

Alles, was sich nicht diesem Schema zuordnen lässt, ist dann gemäss dieser "Experten", ein absichtlich erzeugter "Chemtrail". Doch ist diese Aussage nur ein herausgelöster Bestandteil der normalen Beschreibung eines Kondensstreifens und somit auch durch die unzulässige Kürzung manipuliert.

Das Thema Kondensstreifen ist ein sehr komplexes Thema, welches Bereiche wie Physik, Chemie und Meteorologie beinhaltet. Wir möchten versuchen, einen kurzen Überblick über das Entstehen von Kondensstreifen und ihren mannigfaltigen Formen und Zeiträumen zu geben und auch anmerken, dass Kondensstreifen, bzw ihre Ursache, durchaus Einfluss auf das Wetter haben.

(redaktion)trails1.gif
Kondensstreifen sind Wasserdampfemissionen eines Flugtriebwerkes, welche - erst unter ganz bestimmten atmosphärischen Voraussetzungen - sichtbar werden. Sie entstehen bei ausreichender Kälte (etwa -40°C) der umgebenen Atmosphäre. Die Grenztemperatur hängt jedoch auch von der Umgebungsfeuchtigkeit und dem Treibstoff des Flugzeugs ab. Durch ausgestossene Feinpartikel der Triebwerke (Kondensations- bzw. Kristallisationskeime) wird der Wasserdampf der Atmosphäre sichtbar. Kondensstreifen lösen sich in trockener Luft allerdings rasch wieder auf.

In feuchter Luft jedoch können Kondensstreifen von einige Minuten bis hin zu Stunden existieren und sich je nach Luftströmung und Thermik am Himmel ausbreiten. Bei entsprechend aufmerksamem Studium kann man Kondensstreifen sogar als Schlechtwettervorboten nutzen.
Mit zunehmendem Alter verlieren Kondensstreifen dann ihre linienförmige Struktur und die daraus entstehenden Gebilde lassen oft nicht mehr erahnen, dass sie von Flugzeugen verursacht wurden.

Kondensstreifen reflektieren einen Teil der einfallenden kurzwelligen Strahlung. Wolken hingegen reflektieren die langwellige Abstrahlung von der Erdwärme Richtung Weltraum, wodurch sie erwärmend wirken.
Die Intensität des jeweiligen Effektes ist abhängig von der Mächtigkeit der Wolken, dem Sonnenstand und dem Reflektionsvermögen der jeweiligen Erdoberfläche. Die vom Luftverkehr emittierten Rußpartikel verändern und verstärken die Wolkenbildung teilweise großräumig noch nach Tagen.
Im Jahresmittel bedecken über Europa Kondensstreifen am Tage ca. 0,7 % des Himmels; in der Nacht, wenn sie wärmedämmend wirken, nur noch etwa 0,25 %.

Doch auch die etwa 80% der Kondensstreifen, welche meist nach Minuten wieder vom Himmel verschwinden, lösen sich nicht in "Luft"auf:
Die ausgestoßenen Triebwerkspartikel, welche zur Bildung der Kondensstreifen führen, schweben weiterhin durch die Luft. Sie können später als Kristallisationskeime für großflächige Eiswolken ursächlich sein. Es ist allerdings weder mit Satelliten noch Bodeninstrumente nachweisbar, ob die Bildung einer solchen Wolke durch natürliche Aerosole oder durch Partikel aus einem Jet-Triebwerk ausgelöst wurde.
Hermann Mannstein, vom Institut für Physik der Atmosphäre des DLR in Oberpfaffenhofen, fand bei einem Abgleich von Verbreitungskarten der Luftverkehrskontrolle und Beobachtungsdaten der europäischen "Meteosat"- Wettersatelliten heraus, dass durch die Triebwerksemissionen hervorgerufene Eiswolken eine etwa zehnmal größere Fläche einnehmen als die entstandenen Kondensstreifen selbst.
Es soll nun erforscht werden, wieviel zusätzliche Eiswolken entstehen, um deren Einfluss meteorologisch zu bestimmen. Wobei allerdings nicht mal die Auswirkungen der natürlich entstandenen Eiswolken auf das Klima momentan hinreichend bekannt sind;

Ein Liter Kerosin in der Flugzeugturbine erzeugt bei ihrer Verbrennung ca. 1,25 kg Wasserdampf und 3 kg CO2. Hochgerechnet gelangen so ca. 125 Millionen Tonnen Wasserdampf, ergo 300 Millionen Tonnen CO2, in die obere Atmosphäre.
Der Flugverkehr wird vermutlich jedes Jahr um ca. 5% zunehmen. Im vergangenen Jahrzehnt sind die CO2-Emissionen des Luftverkehrs um ca. 48% angestiegen. Aber nicht nur die Abgase wie H2O, CO2, NOX oder Rußpartikel haben Auswirkungen auf das Klima, sondern auch die in kalten und feuchten Regionen der Atmosphäre entstandenen Kondensstreifen von Triebwerken und die dadurch ausgelöste Wolkenbildung.

Dabei ließen sich Kondensstreifen nach Ansicht von renommierten Forschern vollständig vermeiden, wenn die Flughöhe der Jets je nach Wetter auf cirka acht statt der üblichen zehn Kilometer reduziert würde. Dies hätte jedoch einen erhöhten Treibstoffverbrauch durch höheren Luftwiderstand von ca.4% zur Folge.

Kondensstreifen haben also durchaus Auswirkung auf das Klima, doch wurden sie nicht als Mittel obskurer Organisationen und Regierungen an unseren Himmel gebracht.
Jörg Kachelmann (Meteorologe) hat es sehr treffend ausgedrückt:
"Boah, die Welt hat die Existenz von Luftverkehrsstraßen entdeckt! Skandal! Da ist die CIA sicher auch schuld, dass es die gibt!"

Links zum Thema:

Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Die Mär von den Chemtrails

Wetter, Wolken, Klima

Die Zusammensetzung der Atmosphäre und ihre Entstehung

wikipedia
 

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