Die Grünen und die Konservativen

haruc

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Sheshinah schrieb:
Neulich bin ich seit langem (sehr langem) mal wieder durch die Innenstadt gegangen. Seit dem habe ich den Eindruck, daß das Problem mit der Sprachkompetenz auch Kinder ohne Imigrationshintergrund betrifft.

Fehlende Sprachkompetenz ist ja nicht an eine bestimmte Nationalität oder Herkunft gebunden, sondern an mangelnde Möglichkeiten, die Sprache zu erwerben. Die Chancen, Deutsch nicht zu lernen, sind in Einwandererhaushalten halt höher als sonstwo. Aber das heißt ja nicht, dass Kinder mit MIhiGru automatisch kein deutsch können und Kinder ohne MiHiGru es perfekt beherrschen.

Ganz populistisch wage ich mal zu behaupten, dass die Hauptfaktoren für mangelhafte Deutschkenntnisse sozialer und kultureller Natur sind:
Kaum Kontakt zu Muttersprachlern, Bildungsferne (und die damit verbundene Leseunlust), mangelnde Konfrontation der Kinder mit der deutschen Sprache im Kleinkindalter (Kleinkinder können angeblich bereits im Alter von 9 Monaten Muttersprache und Fremdsprache voneinander unterscheiden), sowie, im Jugendalter: Der schädliche Einfluss von Hiphop (das ist meiner Meinung nach sowieso der Hauptgrund!!!11elf).

Das alles trifft man sowohl in Einwandererfamilien als auch Eingeborenenfamilien an.

Aber zurück zu dem von Dir zitierten Satz von mir: Es ist mittlerweile ziemlich offensichtlich, dass der Hauptgrund für das Scheitern von Kindern mit Migrationshintergrund nunmal die fehlenden Sprachkenntnisse sind. Und nicht etwa eine genetisch vererbte Dummheit oder so.
Das heißt: Mit gezielten, dauerhaften Förderkursen (die sich zb. vom Kindergarten bis zum Eintritt auf die Weiterführende Schule erstrecken) könnte ein großes Problem beseitigt werden.

Selbstverständlich gilt das nur für Kinder, die die Sprache nicht richtig erlernt haben. Diejenigen, die ein altersgemäßes Niveau erreicht haben, brauchen natürlich keinen Förderkurs. Das wäre ungerecht.




Hans_Maulwurf schrieb:
Nur würde dieses harucs Meinung zum eigenverantwortlichen Leben eines Menschen völlig zu wieder laufen.

Nein. Kinder können nicht eigenverantwortlich Handeln. Also auch nicht selbstbestimmt leben. Das müssen sie erst lernen. Dieser Prozess der Weltaneignung nennt man Sozialisation, in ihm finden alle relevanten Erziehungsprozesse statt. Optimaler Ort für eine erfolgreiche Sozialisation ist die Familie und der Verwandtenkreis.
Dort, wo diese traditionellen Erziehungsinstanzen durch zerrüttung, moderne Lebensformen oder Unfähigkeit wegfallen, muss eben durch Erziehungseinrichtungen gegengesteuert werden.

Selbstbestimmungsrecht heißt doch nicht, dass man Kinder nicht erziehen darf/soll/muss. Kinder sind Menschen und als solche erziehungsbedürftig.

edit: Wo diejenigen, deren Pflicht es eigentlich wäre, ihre Kinder zu erziehen, dieser Pflicht nicht nachkommen, hat die Gesellschaft meiner Meinung nach das Recht und die Pflicht, für die Erziehung dieser Kinder Sorge zu tragen.
Andernfalls ist sie es ja auch, die sich irgendwann mit schlecht erzogenen, nicht bildungsfähigen Gehirnkrüppeln rumschlagen muss und ihnen den Lebensunterhalt zahlen darf.


edit: Tut mir leid, sercador. Ist mir irgendwie im Eifer des Gefechts eine Verwechselung unterlaufen ;) Habs korrigiert.
 

Telepathetic

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Ich bin mir nicht sicher, ob haruc's Aufzählung der Hauptfaktoren für mangelhafte Deutschkenntnisse richtig ist. Dass der Hip Hop unsere Kultur von Innen aushöhlt, unterschreibe ich sofort!

Spaß beiseite: ich würde noch das übergroße mediale Konsumangebot, wenn man nicht sogar von Konsumzwang reden kann, dazuzählen. Es gibt angeblich Leute, die es hinbekommen, z.B. Video-Spiele zu spielen und für das Abitur zu lernen. Allerdings ist es auch nicht mehr selbstverständllich, dass Akademiker ihre Sprache beherrschen. Hier und da liest man in der Zeitung davon. Sinkendes Bildungsniveau allerorten. Ist vllt. so zu erklären: auch Konsum verbraucht Energie. Wer seinen Geist mit Video-Spielen und Internet und Fernsehen und YouTube und sonstigen sozialen (ablenkenden) Medien schwächt, hat keine Ressourcen mehr, um seine Gedanken um Bildungsinhalte kreisen zu lassen.

Ein weiter Grund für eine Verschlechterung der Sprachkenntnisse dürfte die allgegenwärtige Chat- und SMS-Kultur sein: dort gelten die regeln der grammatik gar nicht mehr da es darum geht eine nachricht schnell geschrieben zu haben und um zeichen zu sparen eine sms kostet schließlich geld und ich muß ja mit meiner peer gruppe immer im kontakt bleiben ich kann mich ja nicht mit den momentan anwesenden ernsthaft auseinandersetzen wo kämen wir da hin
 

Hans_Maulwurf

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haruc schrieb:
...

Selbstverständlich gilt das nur für Kinder, die die Sprache nicht richtig erlernt haben. Diejenigen, die ein altersgemäßes Niveau erreicht haben, brauchen natürlich keinen Förderkurs. Das wäre ungerecht.

sercador schrieb:
Nur würde dieses harucs Meinung zum eigenverantwortlichen Leben eines Menschen völlig zu wieder laufen.

...
Dort, wo diese traditionellen Erziehungsinstanzen durch zerrüttung, moderne Lebensformen oder Unfähigkeit wegfallen, muss eben durch Erziehungseinrichtungen gegengesteuert werden.
...

edit: Wo diejenigen, deren Pflicht es eigentlich wäre, ihre Kinder zu erziehen, dieser Pflicht nicht nachkommen, hat die Gesellschaft meiner Meinung nach das Recht und die Pflicht, für die Erziehung dieser Kinder Sorge zu tragen.
Andernfalls ist sie es ja auch, die sich irgendwann mit schlecht erzogenen, nicht bildungsfähigen Gehirnkrüppeln rumschlagen muss und ihnen den Lebensunterhalt zahlen darf.

Achso, der Staat dem du eben noch die Fähigkeit abgesprochen hast vernünftig mit Steuern umzugehen soll also darüber urteilen wer, wie seine Kinder vernünftig sozialisiert hat. Die anderen Kinder werden dann zwangsweise in Unterschichten Erziehungsanstalten zusammen gepfercht und nach dem allgemein anerkannten Standard zu ordentlichen Staatsbürgern aufgezogen. Kommst Du aus der DDR ?

(Übereinstimmungen mit ... gekennzeichnet)
 

haruc

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Telepathetic schrieb:
ich würde noch das übergroße mediale Konsumangebot, wenn man nicht sogar von Konsumzwang reden kann, dazuzählen

Ganz gewiss, ein hoher Medienkonsum korreliert ja auch mit Erfolglosigkeit in der Bildung. Das hab ich nicht extra erwähnt, kann aber unter "Bildungsferne" subsumiert werden, da Haushalte, in denen passiver Medienkonsum einen sehr hohen Stellenwert hat, auch sehr oft "Bildungsfern" sind, da entsprechende Ideale und Werte nicht vermittelt werden/vorgelebt werden.

Es gibt angeblich Leute, die es hinbekommen, z.B. Video-Spiele zu spielen und für das Abitur zu lernen.

Ja ich. ;)


Hans_Maulwurf schrieb:
Achso, der Staat dem du eben noch die Fähigkeit abgesprochen hast vernünftig mit Steuern umzugehen soll also darüber urteilen wer, wie seine Kinder vernünftig sozialisiert hat.

Sofern ich mich richtig erinnere, habe ich dem Staat nicht die Kompetenz abgesprochen, vernünftig mit Steuern umgehen zu können, sondern die gegenwärtige Finanzmittelverteilung in einigen Punkten kritisiert und dargelegt, wie in meinen (laien-)Augen eine sinnvollere Finanzmittelverteilung aussehen könnte. Dies geschah im Rahmen einer "konstruktiven Kritik" an der CDU, zu der mich Simple Man mehr oder weniger direkt aufgefordert hat.

Nein, es soll nicht der Staat entscheiden, wer (un-)"vernünftig" sozialisiert ist, sondern die dafür zuständigen Spezialisten: Pädagogen.

Die anderen Kinder werden dann zwangsweise in Unterschichten Erziehungsanstalten zusammen gepfercht und nach dem allgemein anerkannten Standard zu ordentlichen Staatsbürgern aufgezogen.

Auch kann ich mich nicht erinnern, das Wort "Unterschicht" benutzt zu haben. Das hast du da rein interpretiert. Vielen Dank für die Preisgabe deiner Innenwelt :p

Spass beiseite: Das Problem betrifft nicht nur die "Unterschicht" sondern geht durch alle Schichten, Klassen und Kulturen. Es ist einfach die gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit und sie sollte nicht weiterhin als gottgegebenes Unheil gesehen werden.
Herausforderungen müssen gemeistert werden, oder man geht daran kaputt.
Es ist nunmal so, dass immer mehr Menschen "asozial" im eigentlichen Sinne sind. Die einzelnen Mitglieder einer Gesellschaft, die darauf angewiesen ist zu funktionieren, selbst nur auf der Ebene des täglichen zusammenlebens, müssen sich eben an bestimmte Grundregeln halten. Man muss über die "Kompetenzen" verfügen, die notwendig sind, um mit anderen Menschen konfliktarm (nicht konfliktfrei, das wäre Utopie... oder auch nicht) zu leben.

Wo habe ich was von Erziehungsanstalt oder zusammengepfercht geschrieben??
Ich wüsste nicht davon.
Was ich schrieb war, dass die Förderungsbedürftigen Kinder im Rahmen einer Ganztagsschule vormittags den regulären Unterricht besuchen sollen und nachmittags Pflichtveranstaltungen, die unter förderpädagogischen Gesichtspunkten individuelle Defizite ausgleichen.

Soziales Verhalten ist erlernbar. Ebenso wie die Grundlagen der Bildungsfähigkeit. Aber man muss dem Kind die Möglichkeit geben es zu lernen!!

Auch habe ich nichts von Staatsbürgern geschrieben, sondern von Mitgliedern der Gesellschaft. Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun. (es sei denn, man ist Marxist, und das bin ich nicht)

Du kannst meine Beiträge gerne nochmal durchlesen: Mir gehts lediglich darum, benachteiligten Kindern die Chance zu geben, Defizite auszugleichen, solange das möglich ist und deviantes Verhalten sich nicht manifestiert hat.

Kommst Du aus der DDR ?

Nein.

~~

Zusammenfassend kann ich nur festhalten, dass Hans_Maulwurfs "Beitrag" ein glänzendes Beispiel dafür ist, was passiert, wenn man einen Beitrag beiläufig liest, ihn nicht versteht, einen Tag später sich dunkel an irgendwas erinnert, die Lücken mit Erfindungen ausfüllt und dann auf der Basis dieser "rekonstruierten Erinnerung" eine Antwort auf den Beitrag verfasst - die freilich komplett an allem vorbei geht, was tatsächlich gesagt wurde.

So, jetzt simma quitt ;)

Noch ganz allgemein:

Eigentlich bin ich gar kein Befürworter der Gesamtschule. Die riecht nach Sozialismus. Andererseits fällt mir keine bessere Lösung ein als eine Gesamtschule, wenn es darum geht, dem immer umfassender werdenden Erziehungsauftrag, den die Schule zu erfüllen hat, auch sinnvoll nachzukommen.

Wir können ja gerne Alternativen diskutieren :)
 

Hans_Maulwurf

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Oh, hab ich was verpasst ?

Sorry, haruc wenn ich nicht auf alles eingehen kann aber mir fehlt etwas die Zeit.
Ich habe nicht versucht etwas in deine Ideen rein zu interpretieren sondern sie weiter zu denken.
Wenn es nicht zu einer allgemeinen Pflicht zum Besuch einer vorschulischen Einrichtung kommt wird es zu einem Auffangbecken für Unterschichtler verkommen
( du kannst auch gerne ein Wort wie Präkariat oder bildungsferne Schicht einsetzen falls dir Unterschicht nicht gefällt).

Dies ist jetzt schon bei den Hauptschulen zu sehen und wird bei dem von dir beschriebenen System noch schlimmer werden.
Oder willst du ernsthaft behaupten ein Psychologe oder Pädagoge wird einen Anwaltssohn, sei er auch noch so asozial, zwangsweise in den Kindergarten einweisen ?
Und falls sich erst einmal der Bodensatz der Gesellschaft in solchen Erziehungsanstallten versammelt hat wird 1. eine Bildung mehr oder weniger unmöglich und
2. ein Finanzsenator die Mittel zusammenstreichen da sich die genannte Bevölkerungsgruppe in der Regel nicht wehrt.

Was die Entscheidung zur Sozialisation durch den Staat betrifft:
Irgendjemand muss die Standards ja setzen und selbst wenn dies durch unabhängige Pädagogen geschehen soll werden sich die Parteien nicht nehmen lassen diese Pädagogen auszusuchen.
Ich habe den Verdacht dass du einem Experten den die Linke in Berlin auswählt oder einem Erlass den Herr Kretschmann in Baden-Württemberg verordnet skeptisch gegenüber stehen würdest.

haruc schrieb:
...
So, jetzt simma quitt ;)
...
Pfff, immer einmal mehr als du :tss:

Und über das Schulsystem im Allgemeinen und die Gesamtschulen im Besonderen sollte mal jemand einen neuen Thread starten.
 

haruc

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Hans_Maulwurf schrieb:
Oder willst du ernsthaft behaupten ein Psychologe oder Pädagoge wird einen Anwaltssohn, sei er auch noch so asozial, zwangsweise in den Kindergarten einweisen ?

gegenwärtig mag es vielleicht vorbehalte diesbezüglich geben, aber wenn das Problem erstmal mit all seiner Brisanz von einer größeren Öffentlichkeit erkannt wurde, wird sich die unumstößliche Notwendigkeit herausstellen, dass das Erziehungsversagen, egal welche soziale Schicht versagt, korrigiert werden muss.

Faktisch ist das ja heute schon so, dass die Schule als Korrektiv für nicht mehr stattfindende Erziehung dient. Nur sind die Mittel absolut ungenügend, um die bereits jetzt anstehenden Probleme bewältigen zu können. Das kann man in jeder x-beliebigen halbwegs aktuellen Einführung in die Schulpädagogik nachlesen.

Prinzipiell ist das von mir beschriebene System ja nur eine gezielte Ausweitung des regulären Bildungsangebots - mit Teilnahmepflicht für bestimmte Individuen.

Sowas gibts ja schon ansatzweise in Grundschulen, zb. Sprachförderunterricht. Allerdings wird damit halt nur ein Aspekt des Problems angegangen, der Rest aber bleibt unbehandelt liegen.

Hans_Maulwurf schrieb:
Irgendjemand muss die Standards ja setzen und selbst wenn dies durch unabhängige Pädagogen geschehen soll werden sich die Parteien nicht nehmen lassen diese Pädagogen auszusuchen.
Ich habe den Verdacht dass du einem Experten den die Linke in Berlin auswählt oder einem Erlass den Herr Kretschmann in Baden-Württemberg verordnet skeptisch gegenüber stehen würdest.

Sehr richtig, und diese Skepsis ist auch mehr als angebracht. Allerdings nicht nur bei den Grünen und Linken, sondern auch der CDU/CSU und allen anderen Parteien..
Letztendlich hat Bildung frei von parteipolitischer Indoktrination zu sein. Das ist so auch gesetzlich verankert.

Es ist indeß utopisch zu glauben, dass keine Beeinflussung stattfinden würde; sie findet ja schon statt: Durch die Auswahl der Lehrer.
Also auch hier ist das von dir angesprochene Problem längst Realität.

Gruß
Haruc
 

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