Kohl-Regierung beeinflusste Gorleben-Gutachten

hives

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Am Mittwoch war erstmals ein schriftlicher Beleg für Vermutungen aufgetaucht, dass die Regierung Helmut Kohl 1983 ein Gutachten zu Gorleben maßgeblich beeinflusste. Daraufhin war offener Streit zwischen Umweltminister Sigmar Gabriel und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière ausgebrochen. Gabriel sprach von einem Skandal mit schwerwiegenden Folgen, de Maizière warf ihm „unbegründete Fälschungsvorwürfe und unbewiesene Vermutungen“ vor.
Gorleben-Gutachten - Bundesregierung untersucht Manipulationsvorwürfe

Weiter schreibt die Zeitung, für den letzten, zusammenfassenden Teil habe das Ministerium eine Textformulierung vorgeschlagen, wonach "berechtigte Hoffnung" bestehe, dass im Salzstock Gorleben "ein Endlager für alle Arten von radioaktiven Abfällen" eingerichtet werden könne. Zudem bitte das Ministerium, den "vermutlich hypothetischen Störfall des Wasser- und Laugenzutritts", der an mehreren Stellen die bei einem Treffen am 11. Mai 1983 diskutierte Zusammenfassung und Bewertung bestimme, etwas weiter vom Zentrum der Betrachtung wegzurücken. Entsprechend habe die Gefahr, dass radioaktive Substanzen ins Grundwasser gelangen könnten, in dem Bericht keine besondere Rolle mehr gespielt.

Nach Angaben Helmut Röthemeyers, dem Verfassers des Gutachtens, wurde die Forderung nach Erkundung weiterer Standorte am 11. Mai 1983 nach der Besprechung mit Regierungsvertretern aus dem Gutachten gestrichen. Dass der Druck aus Bonn Wirkung zeigte, belegen auch zwei frühere Versionen des Gorleben-Gutachtens, über die die "Frankfurter Rundschau" im August berichtet hatte.
Wie die Regierung Kohl die Gorleben-Gutachter unter Druck setzte

Kanzleramt wirft Gabriel Quertreiberei vor

"Ein vermutlich hypothetischer Störfall"

Die Kohl-Regierung kann mich eigentlich seit der Spendenaffäre nicht mehr schockieren, aber politische Einflussnahmen auf Wissenschaft sind doch immer interessant...
Was meint ihr dazu?
 

Ein_Liberaler

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Die Idee eines Endlagers ist tot. Vernünftig, notwendig und technisch machbar, aber politisch tot. Eine Gemeinde oder ein Landkreis wären ohne weiteres zu haben, schließlich freuen sie sich auch über Atomkraftwerke, aber die Landesregierung, die auch nur die Erkundung genehmigt, kann die Koffer packen.

Gorleben war, jedenfalls höchstwahrscheinlich, eher eine politische als eine technische Wahl. Ob diese kleine Schurkerei nötig war, weiß ich nicht. Vielleicht hätte man das Endlager damals noch in Bayern durchziehen können, geologisch soll das ja ebenso gut möglich sein. In Bayern wäre es vielleicht längst in Betrieb.
 

DrJones

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Hm, was gibts denn in Bayern, so geologisch?
Doch haupsächlich Granit, da besteht dann wieder das Risiko von
klüften und Störungen, in die ebenfalls wieder wasser eindringen kann...
 

Ein_Liberaler

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Genau das ist es, was ich immer in den Nachrichten höre - bayerischer Granit oder baden-württenbergischer Lehm seien ebenso gut wie niedersächsisches Salz. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Es sind selbstverständlich beide Seiten, die mit gezinkten Karten spielen, und daß die Südländer Atomstrom produzieren und den Nordländern den Müll zuschieben wollen, ist ein beliebtes demagogisches Argumentationsmuster.
 

Themis

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Das Thema ist nun nach Röttgens Ankündigung einer Erkundung des Salzstocks in Gorleben wieder aktuell:


Gorleben hat es bei der Endlagersuche nie in die engere Auswahl geschafft, zeigen unveröffentlichte Regierungspapiere. Greenpeace fordert, die Suche neu zu eröffnen.
[...]
Eine Studie der Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungs-Gesellschaft (KEWA) aus den Jahren 1974 bis 1976, die systematisch Salzstöcke untersuchen ließ und vom Bundesforschungsministerium in Auftrag gegeben wurde, favorisierte drei Orte in Niedersachsen: Börger im Emsland, Wesen-Lutterloh bei Celle und Ahlden bei Fallingbostel.

An den drei Standorten regte sich heftiger Widerstand, von "Verseuchung" sprach damals ein Landtagsabgeordneter aus der Region. Auch der spätere CDU-Bundesinnenminister Rudolf Seiters, gebürtiger Emsländer, wehrte sich gegen einen Standort in seiner Heimat. Gorleben schaffte es dagegen nicht einmal in die Vorauswahl.

Der TÜV Hannover verglich im Auftrag des niedersächsischen Sozialministeriums ebenfalls acht Standorte. Er favorisierte im Abschlussbericht den Standort Nieby in Schleswig-Holstein – auch hier gelangte Gorleben nicht in die Vorauswahl. Erst in einer späteren Version der abschließenden Bewertungstabelle tauchen plötzlich zwei weitere Standorte auf: Mariaglück und Gorleben, ergänzt per Handschrift in zwei Spalten. Wer der Verfasser war, ist unbekannt.
[...]
Warum und wie Gorleben plötzlich in die Endauswahl kam, darüber können Greenpeace und andere Experten nur rätseln. Ob dies auf die Einflussnahme von Lokalpolitikern zurückgeht, die auf Tausende Arbeitsplätze für die strukturschwache Region Lüchow-Dannenberg hofften, ist nicht dokumentiert. Ebenso nicht, inwiefern der Widerstand an anderen Standorten eine Rolle spielte. Klar allerdings ist, dass die Bundesregierung unter Helmut Schmidt (SPD) nur drei Tage vor der Kabinettsentscheidung sich gegenüber dem damaligen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) gegen Gorleben aussprach: zu nah die innerdeutsche Grenze, zu groß das Risiko diplomatischer Verwerfungen.

Geheimakten entlarven Gorleben als ungeeignet

Ich tippe mal darauf, dass das das endgültige Aus für Gorleben bedeutet.
 

Themis

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Wegen der Gasvorkommen im Salzstock Gorleben hält das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) nach einem Medienbericht ein Aus für den Endlagerstandort für möglich
[...]
Dem "Stern" zufolge wusste die niedersächsische Landesregierung bereits 1977, dass sich unter dem Salzstock "mit großer Wahrscheinlichkeit" Gas befindet. Aus einem behördeninternen Bericht gehe hervor, das im Bau eines Schachts für das Erkundungsbergwerk mehrmals Gas austrat. Diese sogenannten "Kicks" seien so heftig gewesen, dass die Bohrung gestoppt worden sei.
http://www.rp-online.de/politik/deutschland/Gorleben-Gas-im-Salzstock-entdeckt_aid_944636.html

Mal sehen, was da als nächstes kommt. Langsam sollte man nun anfangen, eine wirkliche Alternative zu suchen.
 

DrJones

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Ich halte diese Idee den Atommüll einfach zu verbuddeln und darauf zu hoffen das nichts passiert prinzipiell für fragwürdig.
Wäre eine Lagerung an der Oberfläche in einem geeigneten Lager nicht besser?
Angenommen es gibt ein Erdbeben, oder man hat Wassereinbruch
oder sonst irgendwas und stellt in sagen wir 50 Jahren fest das Grundwasser aus radioaktiv verseucht ist, kann man kaum etwas dagegen machen.
 

Themis

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Prinzipiell klingt das vernünftig. Nur befürchte ich, dass da dann irgendjemand auf die Idee kommen könnte, dass da jemand auf die Idee kommen könnte, mit einer 747 punktgenau auf das oberirdische Atomendlager zu "landen", und es deshalb nicht gemacht wird.
Andererseits sind ja die AKWs auch überirdisch...
 

jones

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Andererseits sind ja die AKWs auch überirdisch...

zumindest die meisten...

Es gibt in Deutshland mehrere Kraftwerke, die unterirdisch bzw in Berge gebaubt sind. Wie viele davon konventionell und wie viele nukleare sind weiß ich zur Zeit nicht.
 

DrJones

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Ja die Idee eines Flugzeugabsurzes unabsichtlich oder beabsichtigt ist vielleicht ein Motiv.
Aber das wäre mir trotzdem lieber. Man weiß sofort was los ist,
man wüsste welche Behältnisse beschädigt wurden und wie und wo man
mit Eindämmungsmaßnahmen anfangen müsste.

Stellt euch vor, man macht das alles unterirdisch in einem alten
Stollen. nach 50 jahren merkt man das es dort evtl zu einer erhöhten Rate
von Fehlbildung bei Kindern kommt. Dann wird 10 Jahre Lang gestritten ob das nur zufall ist. Dann kommt man drauf das es das Endlager sein muss.
Dann wird unter größtem finaziellen aufwand versucht, das leck und
das Ausmaß der Schadstofffahne im Untergrund zu bestimmen aber wirklich tun kann man wohl kaum etwas dagegen.

Die heutigen Terroristen sind Dilletanten die nichtmal die Sprengsätze in ihren Unterhosen gezündet bekommen. Ein Elitekommando, welche einen zigtonnenschweren Behälter in seine Gewalt bringen könnte und damit unbemerkt verschwindet halte ich für absolut unwahrscheinlich

Und wer weiß, vielleicht hat in 10 Jahren jemand eine super Idee wie der Atommüll unsere Energieprobleme löst oder man ihn komplett unschädlich
macht.
 

petronius

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jones schrieb:
Es gibt in Deutshland mehrere Kraftwerke, die unterirdisch bzw in Berge gebaubt sind. Wie viele davon konventionell und wie viele nukleare sind weiß ich zur Zeit nicht

geheime akws?

ich kenne auch keine konventionellen unterirdischen kraftwerke, außer du meinst energieversorgungen für bunker oder so
 

Gilgamesh

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petronius schrieb:
jones schrieb:
Es gibt in Deutshland mehrere Kraftwerke, die unterirdisch bzw in Berge gebaubt sind. Wie viele davon konventionell und wie viele nukleare sind weiß ich zur Zeit nicht

geheime akws?

ich kenne auch keine konventionellen unterirdischen kraftwerke, außer du meinst energieversorgungen für bunker oder so

Ich halte das für ein Gerücht, weil zum Betrieb eines Kernkraftwerkes auch ne Menge Kühlwasser bereitgehalten werden muß und das geht in einem Berg oder unterirdisch schlecht.

Vielleicht täuscht dich deine Erinnerung und du sprichts von Forschungsreaktoren, Kalte Neutronenquellen etc..., die sind nämlich meistens unterirdisch angelegt.
 

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