Boykottiert die Musikindustrie!

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Mr. Anderson schrieb:
Was Vergütung im Allgemeinen angeht, bin ich schon der Meinung, dass der Künstler nicht nur pauschal pro Werk, sondern auch darüberhinaus erfolgsabhängig über Jahre hinweg vergütet werden sollte. tc.

Und ich bin dafür, daß ein Maurer, der ein Haus baut, einen Anteil der Miete bekommt - auf Lebenszeit versteht sich, oder wenigstens so lange das Haus steht.

Von dem normalen Hungerlohn kann doch kein Mensch überleben und die gesamte Maurerszene in Deutschland käme zum erliegen.
 

Mr. Anderson

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Der Unterschied ist bloß, dass der Maurer nur einen Werkvertrag (vermute ich mal) abgeschlossen hat, und dass der Eigentümer des Hauses ja tatsächlich lebenslang (bzw. so lange das Haus steht) die Miete kassieren darf oder zumindest die Rechte daran hat.

Abgesehen davon: Dein Beispiel verdeutlicht doch ebenfalls, dass es für Maurer bereits ein funktionierendes System der Entlohnung gibt.
Aber wie bezahlst Du denn z. B. Deine Filme (bzw. wie bezahlt sie Dein Auftraggeber), ohne anschließend zumindest vorübergehend die Rechte auf die Vermarktung zu haben? Worüber willst Du denn die Kosten wieder reinholen?
 

dkR

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Mal ne ganz banale Frage, wie regeln das andere Länder?
 
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Theoretisch könnte der Maurer auch die Nummer mit der Miete in seinen Vertrag schreiben, aber dann würde der Auftraggeber ihn für Größenwahnsinnig halten, bei einem - wie auch immer gearteten - Künstler schaut das ganz anders aus (es sei denn er ist Bildhauer). Und genau da hängt was schief. Genauso wie eigentlich die Jobs am besten bezahlt werden sollten, die am anstrengendsten und übelsten sind. Aber das ist eine andere Diskussion.

Mr. Anderson schrieb:
D
Aber wie bezahlst Du denn z. B. Deine Filme (bzw. wie bezahlt sie Dein Auftraggeber), ohne anschließend zumindest vorübergehend die Rechte auf die Vermarktung zu haben? Worüber willst Du denn die Kosten wieder reinholen?

Da gibt es verschiedene Kategorien.
Wenn ich Werbung, Imagefilme und Industriefilme mache, werde ich einmal dafür bezahlt. Das war´s dann - egal wie oft und wo und wann die den Film zeigen.

Bei meinen eigenen Filmen ist das anders, da zahle ich drauf ;-)
 

Telepathetic

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Es braucht laut dieser Rechnung nur 1000 echte Fans, die 100€ pro Jahr für die Produkte ihres Lieblingskünstlers ausgeben, bzw. spenden, um dem Künstler ein Leben zu ermöglichen.

Der Künstler produziert und vertreibt und erhält durch den Kontakt zu seinen echten Fans Rückmeldungen in Form von konstruktiver Kritik und Streicheleinheiten. Dem Künstler wird es dadurch auch vereinfacht auf die Wünsche seiner Fan-Basis einzugehen. Und wenn ein Künstler den Kontakt zu seinen Fans über ein Forum sucht, so kann sich zusätzlich ein reger Austausch unter den Fans stattfinden, was eine verdammt gute Dynamik entwickelt, wenn sich unter den Fans weitere Künstler befinden.
 

Winston_Smith

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Nach langer Zeit mal wieder ein interessantes Thema.

Generell soll man für eine Leistung natürlich bezahlen. Wenn ich also ein Musikstück auf meinem Rechner haben will, muß ich dafür bezahlen. Punkt. Ich gehe ja auch nicht zum Penny und nehme wir einfach eine Banane mit ohne dafür zu bezahlen.

Online, z.B. bei youtube, ist es jetzt ja aber so, dass ich den Song nicht habe, sondern nur höre. Und da beginnt das Problem. Irgendjemand hat den Song einmal gekauft und jetzt hören den aber zig 1000 Leute gratis. Da würde ich mir als Künstler auch doof bei vorkommen. Wenn dann noch youtube mit geschalteter Werbung an meinem Song Geld verdient, würde ich mir ziemlich doof bei vorkommen.

Wenn ich Werbung, Imagefilme und Industriefilme mache, werde ich einmal dafür bezahlt. Das war´s dann - egal wie oft und wo und wann die den Film zeigen.

Du trittst also offensichtlich alle Rechte an dem Film ab und lässt Dir das vermeintlich gut bezahlen. Das ist ja nichts ungewöhnliches.

Wenn jetzt aber ,rein theoretisch, der Kunde diesen Imagefilm für alle gratis ins Netz stellt und viele andere Kunden genau Deinen Film als eigenen Imagefilm nutzen? Dein Werk wird also von unzähligen anderen Firmen genutzt ohne, dass Du einen einzigen Cent dafür bekommst.

ws
 
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Winston_Smith schrieb:
N

Du trittst also offensichtlich alle Rechte an dem Film ab und lässt Dir das vermeintlich gut bezahlen. Das ist ja nichts ungewöhnliches.

Sooo gut bezahlt ist das leider nicht, wobei die ÖR noch am besten zahlen.

Winston_Smith schrieb:
Wenn jetzt aber ,rein theoretisch, der Kunde diesen Imagefilm für alle gratis ins Netz stellt und viele andere Kunden genau Deinen Film als eigenen Imagefilm nutzen? Dein Werk wird also von unzähligen anderen Firmen genutzt ohne, dass Du einen einzigen Cent dafür bekommst.

ws

Für gewöhnlich stellen die Firmen ihren Imagefilm auf Youtube.
Allerdings wird kaum eine Firma den Film der Konkurrenz als Eigenwerbung benutzen wollen, das wäre ja ziemlich kontraproduktiv.
Aber selbst wenn das so wäre, bekäme ich tatsächlich nix dafür. Ich wurde ja für die Herstellung bezahlt. Was danach mit dem Film passiert geht mich nichts mehr an.

Das ist ja genau der Punkt von meinem Maurer Vergleich.
Die Arbeit des einen wird als Arbeit angesehen, für die er - mehr oder weniger - gut bezahlt wird und Schluss. Die Arbeit eines "Künstlers" wird als "Werk" angesehen und jede Nutzung soll extra - ad nauseam - vergütet werden, ohne weitere Leistung.
Wir haben hier eine künstliche (pun intended) Unterscheidung der Arbeit des einen von der Arbeit des anderen, die nur in den Köpfen besteht. Wir nennen diesen Zustand Kultur.

Wenn ich einen Werbeclip drehe bin ich nicht weniger "künstlerisch" als wenn ich einen Spielfilm drehe. Ich mache exakt den selben Job (solange mir die Agentur nicht reinredet) . Im einen Fall ist es O.K. wenn ich für die Arbeit bezahlt werde, im anderen Fall soll ich bis zu meinem Tod (und darüber hinaus) jedes mal Geld bekommen, wenn jemand den Film sieht.

Macht für mich keinen Sinn, auch wenn ich davon profitieren würde.
 

Mr. Anderson

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shechinah schrieb:
Bei meinen eigenen Filmen ist das anders, da zahle ich drauf ;-)
Ja, aber ist das nicht irgendwie schlecht? Ich meine vorausgesetzt, dass Du dies nicht nur zum Spaß machst (falls doch, hängt es natürlich von der Liebe zum Hobby ab).
Aber welche Art der Vergütung stellst Du Dir denn z. B. für die Schaffung eines kommerziellen Spielfilms vor, wenn das nicht mit Vermarktungsrechten verbunden sein soll? Eine Firma bezahlt den Werbefilm letztendlich über den Verkauf ihrer Produkte, aber womit bezahlt eine Produktionsfirma den Spielfilm?
 
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Einnahmen an der Kinokasse, DVD Verkäufe, Pay TV, TV usw.

Von (angenommen) einer Million Einnahmen an der Kinokasse, kassiert aber das Kino 600.000 von den verbleibenden 400.000 gehen mindestens 200.000 an den Vertrieb. Von dem was über bleibt, wird die Herstellung (also der eigentliche Dreh gezahlt, inkl. Schauspieler usw.) Wenn man jetzt noch nicht im Minus ist, geht der Rest an die Produzenten. Oft genug spielt ein Film nicht mal seine Herstellungskosten ein - vor allem in Deutschland (trotz Förderung). Den größten Flop der Geschichte hat allerdings Disney mit "John Carter" gelandet. 200 Millionen im Minus.

Allerdings ist Filmemachen ein Teamsport - es gibt da nicht "den" Künstler.
Aber auch hier, die selbe Schieflage. Der Drehbuchautor bekommt einmal Geld, Regisseur und Schauspieler kassieren auf Jahre, der Kammermann, Beleuchter und der Rest der Crew nicht. Ohne die wäre aber der Film nie zustande gekommen, man braucht jeden einzelnen.
 

Winston_Smith

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Macht es eigentlich Sinn, zwischen "geistiger leistung" und "Handwerk" zu unterscheiden? Ein Wand zu maurern, das kann man lernen. Aber ein Musikstück komponieren, eben nicht.


ws
 

Malakim

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Winston_Smith schrieb:
:wink: Du weißt, wie ich das gemeint habe.

Ja, Du meinst den Anteil den man nicht lernen kann. Diesen Anteil gibt es aber im Handwerk und vielen anderen Berufen auch, denke ich. In der Kunst sollte(!) der originäre Anteil hoch bzw. höher sein als anderswo, ist das denn aber so?

Schauen wir mal den üblichen Krimi, das übliche Chart Stück, ... an. Sind wir nicht durch die Popkultur dahin gekommen das die Originalität beim zusammenstellen von Kopiertem entsteht?

Wie sollte ein modernes Entlohnungssystem darauf Rücksicht nehmen?
 

haruc

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Musik und sonstige Kunst ist genau so ein Handwerk, wie jedes andere Handwerk auch. Meister fallen ja bekanntlich nicht vom Himmel. Will heißen: Jeder, egal welcher Profession, muss zuerst mal was lernen. Sei es das Komponieren und Beherrschen von Instrumenten, sei es das Hochziehen einer Mauer oder das Gestalten und Anfertigen von Möbelstücken. Gut, die kreative Entfaltungsmöglichkeit beim Mauerwerk ist eher begrenzt, aber das ändert nichts daran, dass es kein stumpfer Automatismus ist.

Schonmal von Euch jemand ne Trockenmauer gesetzt? Da gelangt man nämlich ganz schnell an nen Punkt, wo "Stein auf Stein" nicht mehr funktioniert. Das gleicht dann viel mehr einem Puzzle aus tausenden meheren Kilo schweren Teilen, die allesamt eine einzigartige Form haben und nie wirklich zusammen passen. Die "Kunst" dabei ist, die Teile so zu arrangieren, dass die Mauer hält und gut aussieht. Das ist nicht nur ein Knochenjob, sondern erfordert auch jede Menge kreativer Arbeit.

Und die Tatsache, dass man das Komponieren gelernt hat, und ein Instrument spielen kann, heißt noch lange nicht, dass man auch gefällige Lieder schreiben kann. Genau so wenig, wie ein uninspirierter Tischler schöne Möbel entwerfen kann.

Der Eine will aber dauerhafte Einnahmen für seinen Murks haben, während der Andere halt Pech hat, und seine Möbelstücke nicht verkaufen kann.
 

Telepathetic

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Winston_Smith schrieb:
Online, z.B. bei youtube, ist es jetzt ja aber so, dass ich den Song nicht habe, sondern nur höre. Und da beginnt das Problem. Irgendjemand hat den Song einmal gekauft und jetzt hören den aber zig 1000 Leute gratis. Da würde ich mir als Künstler auch doof bei vorkommen. Wenn dann noch youtube mit geschalteter Werbung an meinem Song Geld verdient, würde ich mir ziemlich doof bei vorkommen.
Ja, das ist ein Problem zumal immer wieder Kommentare unter YT-Videos zu lesen sind, die durchscheinen lassen, dass jedes künstlerische Werk gratis sein sollte, dann folgt eine Beleidigung der großen Firmen und leider denken diese Kommentarschreiber nicht daran, dass diejenigen, die am Wenigsten daran verdienen, auch was essen wollen.

Allerdings muß man auch mal darauf schauen, was sich verkauft und was nicht. Star Wars-Produkte sind z.B. Selbstrenner trotz der filmkünstlerisch niedrigen bis gar nicht vorhandenen Qualität. Ist aber Star Wars und der durchschnittliche Zuschauer scheint lieber Lichtschwertkämpfe anschauen zu wollen, anstatt geistreichen Dialogen zu lauschen, deren Sinnhaftigkeit durch die Botschaften der sichtbaren Handlung vorausgenommen und ergänzt wird. Ja und dann will man noch selber Jedi-Ritter spielen und wie praktisch, dass moderne Videospieltechnik einem das dreidimensionale Raumerlebnis ermöglicht.

Mit alledem möchte ich sagen, dass Kunst, die sich verkaufen möchte, eine leicht wiedererkennbare Marke erschaffen muß, mit der sich Viele identifizieren können. Daher ist in der Kunst die Qualität derselben nur zwingend ein Erfolgsmerkmal, wenn das Publikum auf Qualität achtet.

Das Problem 'Künstler' vs. 'Studios' ist ein uraltes. George Lucas z.B. hat von Anfang versucht sich dem Einfluß der Studios auf seine Filme zu entziehen. Geschafft hat er das, indem er sich sämtliche Merchandise-Rechte gesichert hat. War aber eher ein Glücksfall, weil seine Geldgeber damals nicht mit einem großartigen Erfolg von Star Wars gerechnet haben.

Am End steht wohl jeder Künstler vor der Entscheidung ob er oder sie mit vermarktenden Firmen zusammenarbeitet oder ob er oder sie sich selbstständig macht. Jedenfalls erscheint es mir so, dass auch in dieser Branche eine für alle zugängliche Gerechtigkeit nicht möglich ist.

edit: Making more money on blip.tv
 

Mr. Anderson

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shechinah schrieb:
Einnahmen an der Kinokasse, DVD Verkäufe, Pay TV, TV usw.
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wie willst Du das veranstalten ohne die Vermarktungsrechte? Da könnte doch jeder den Film im Fernsehen zeigen oder auf DVD verkaufen. Bzw. sogar verschenken.

(afair bekommt das Kino übrigens sogar etwas weniger als 50%, und der Rest hängt von konkreten Verträgen zwischen Studio und Verleiher ab, aber das wird wohl etwas zu sehr off-topic)
 

Mr. Anderson

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Ich will auch nicht sagen, dass es prinzipiell völlig un-OK wäre, aber die Frage ist doch immer noch, wo das Geld herkommen soll. Wer bezahlt für die Herstellung von Spielfilmen, wenn er sie danach nicht gewinnbringend vermarkten kann? So viele reiche Idealisten gibt es m. E. nicht.
 

antimagnet

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wäre das denn so schlimm, wenn es kaum bis keine big-budget-produktionen mehr gäbe?
 

Helika

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Winston_Smith schrieb:
Online, z.B. bei youtube, ist es jetzt ja aber so, dass ich den Song nicht habe, sondern nur höre. Und da beginnt das Problem. Irgendjemand hat den Song einmal gekauft und jetzt hören den aber zig 1000 Leute gratis. Da würde ich mir als Künstler auch doof bei vorkommen. Wenn dann noch youtube mit geschalteter Werbung an meinem Song Geld verdient, würde ich mir ziemlich doof bei vorkommen.

Wie erklärt es sich dann aber, dass die meisten (großen) Künstler ihren eigenen offiziellen Youtube-Channel haben? Sie wollen doch sogar, dass die User sich ihre Musik dort (in nicht perfekter) Qualität anhören, das ist kostenlose Werbung!

Oder gibt es Studien die belegen, dass den Künstlern (oder wohl eher: Der Vermarktungsindustrie) langfristig Gewinne entgehen, wenn sie sich auf Youtube darstellen?

Meine eigene Präferenz und Kaufverhalten ist sicher nicht repräsentativ, aber die ganzen CDs die ich mir in den letzten zwei Jahren gekauft haben, sind nur auf meinem Einkaufszettel gelandet, weil ich über Youtube auf die Künstler/die CD aufmerksam wurde. Und da man immer öfter online kauft und nicht mehr vor Ort (anderes Problem, ich weiß), möchte man doch auch online erst einmal sehen, was man sich kauft. Und gerade bei einigen Musikstücken reicht es mir nicht, mir 30 sec. als Probe anhören zu können - gibt genug Lieder, die nach der Hälfte der Laufzeit auf einmal umschlagen und mir garnicht mehr gefallen.

Ich habe den Eindruck, die Musikindustrie hat Angst, dass die Künstler ohne Umweg über die Vermarktungsindustrie ihre Musik auf einmal selber an den Mann bringt. Oder anders (um euren Vergleich aufzugreifen): Dass der Maurer das Haus nicht nur aufstellte, sondern auch selbst die Wohnungen darin vermietet.
 

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