Brauchen wir eine "Religion für Atheisten"?

Telepathetic

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Der Atheismus geht in erster Linie davon aus, dass es keinen Gott gibt. Der Bezug zur Religion entsteht dadurch, dass die Annahme einer übernatürlichen, in die Geschicke der Menschen ebenso wie in Naturereignisse bewußt eingreifenden Macht und allen daraus folgenden Annahmen als falsch angesehen wird. Ich sehe den Atheimus als eine rationale Antwort auf Sichtweisen, die landläufig als mit Religion verknüpft angesehen werden. Wie z.B. die Interpretation, dass Naturkatastrophen aus der Rache Gottes an den Ungläubigen, bzw. an der formal falschen Glaubensweise entstehen. Eine ähnliche Sichtweise, die ich gestern in einem 2012-die-Welt-wird-Liebe-Video angedeutet gesehen habe, ist die Interpretation, dass die fehlende Liebe in den Herzen der Menschen für Naturkatastrophen sorgt. Genauso könnte ich sagen, dass es heute angefangen hat zu schneien, weil in meinem Herzen Weihnachten ist. Was auch immer das bedeuten könnte.


Ich frage mich allerdings auch, warum Atheisten nicht einfach Weihnachten oder ähnliche Feste feiern könnten. Man kann sich ja ein Bäumchen aufstellen und Weihnachtslieder hören usw. aber ohne das Ritual in der Kirche mitzubegehen.

Ebenso dürfte es kein Thema sein, ein Ritual zu feiern, ohne an einen Gott glauben zu müssen. Es braucht aber einen Ersatz. Ein höchstes Ideal.
Das Ritual dient der Stärkung der Gruppe, die das Ritual feiert, indem ein bestimmtes Gefühl, bzw. Bewußtsein invoziert wird. Ist das erwünschte Gefühl / Bewußtsein erreicht, strömen die gelernten religiösen Bilder mit dem Gefühl zusammen und plötzlich wird die Präsenz des Gottes erkannt. Im christlichen Sinne wird mit dem Ritual die Vereinigung in der Liebe Gottes angestrebt. Es ist die Vergewisserung, dass die eigene Weltsicht mit anderen Menschen geteilt wird und wahr ist. Ein emotionaler Konsens.

Dann wiederum ist die Kehrseite, wozu es ein Ritual braucht, wenn Konsens durch Diskussion entsteht und ein Ritual zwangsläufig ein Dogma enthält. Würde durch die Einführung von Ritualen ein atheistisches Dogma gefestigt?
 

vonderOder

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Angel of Seven schrieb:
Gab es das nicht schon in der DDR mit dieser lustigen Jugendweihe?
die Jugendweihe war und ist keine DDR-Erfindung. Denn die Jugendweihe wurde schon seit ca. 60 Jahre vor Gründung der DDR begangen.
 

Goatboy

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Telepathetic schrieb:
Der Atheismus geht in erster Linie davon aus, dass es keinen Gott gibt. Der Bezug zur Religion entsteht dadurch, dass die Annahme einer übernatürlichen, in die Geschicke der Menschen ebenso wie in Naturereignisse bewußt eingreifenden Macht und allen daraus folgenden Annahmen als falsch angesehen wird.
Atheismus hat keine Voraussetzung. Es bedarf keiner Religion, um nicht an Gott zu glauben. Nicht an Gott zu glauben - und im Rahmen dieses Beispiels Religionen weder zu befürworten noch abzulehnen, sondern sie schlicht nicht in seine Gedanken einzubeziehen, sie entweder gar nicht zu kennen oder zu ignorieren - ist so lange der Normalzustand eines Menschen, bis ihm jemand von Gott erzählt. Erst dann hat er überhaupt die Möglichkeit, sich direkt oder indirekt auf Religionen zu beziehen. Nicht an Gott zu glauben muss also als Ausgangspunkt betrachtet werden, von dem aus man gegebenenfalls die Änderung vornimmt, an Gott zu glauben. Ich kann es auch so ausdrücken: Atheismus bedeutet, nicht an Gott zu glauben, bezeichnet also die Abwesenheit einer Handlung. Und wo keine Handlung ist, da kann sie sich auch nicht auf etwas beziehen.

Wenn man sich das bewusst macht, wird das Wort Atheismus an sich überflüssig. So ist es denn ursprünglich auch in seiner griechischen Form Asebie als Straftatbestand im antiken Griechenland entstanden und wurde später durch Cicero zum Begriff "Atheismus" latinisiert. In diesem Sinne - als Straftatbestand - bezieht es sich also in der Tat auf Religionen. Nur hoffe ich, dass wir inzwischen weit genug sind, es nicht als juristische Anklage zu verwenden, sondern als Begriff für die Ablehnung des Glaubens an einen oder mehrere Götter. Somit schließt sich der Kreis und meine oben genannten Aussagen gelten.
 

Malakim

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@Angel of Seven
imhO ist die Jugendweihe eine nicht unsinnige reanimation der Übergangsrituale die vor der christlichen Religion bei uns begangen wurden.
Ich zum Beispiel stehe der Kirche (in meinem Fall der protestantischen) ablehnend gegenüber und bin ausgetreten.
Mir ist aber bekannt und bewußt das der Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen ein wichtiger Entwicklungspunkt eines Menschen ist. Taufen will ich meine Kinder nicht, damit fällt Konfiormation ebenfalls flacht ... und nun?
Die Jugendweihe tritt an diese stelle ... leider oft von Linksideologen betrieben und daher nicht nutzbar ... aber was nun die Wilde Jagd ist ja nicht mehr?

Übrigens hat das mit Atheismus oder Theismus nicht viel zu tun.
 

Angel of Seven

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Malakim schrieb:
@Angel of Seven
imhO ist die Jugendweihe eine nicht unsinnige reanimation der Übergangsrituale die vor der christlichen Religion bei uns begangen wurden.

Dessen bin ich mir durchaus bewußt. Nur sind wir uns (samt Winston) ja hoffentlich alle einig, das die Jugendweihe in der damaligen DDR mißbraucht wurde um junge Menschen auf das System einzuschwören.


Ich zum Beispiel stehe der Kirche (in meinem Fall der protestantischen) ablehnend gegenüber und bin ausgetreten.
Mir ist aber bekannt und bewußt das der Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen ein wichtiger Entwicklungspunkt eines Menschen ist. Taufen will ich meine Kinder nicht, damit fällt Konfiormation ebenfalls flacht ... und nun?
Die Jugendweihe tritt an diese stelle ... leider oft von Linksideologen betrieben und daher nicht nutzbar ... aber was nun die Wilde Jagd ist ja nicht mehr?

Mach doch ein eigenes vernünftiges Ritual was deinen Vorstellungen entspricht und was deinen Kindern gut tut. Aber nenne es nicht Jugendweihe....


Übrigens hat das mit Atheismus oder Theismus nicht viel zu tun.

In diesem Thread schon, es geht ja um Rituale die im athesitischen "Lebensstil" integriert werden sollen. Auch wenn ich zugeben muß das eine Art "Jugendweihe" in fast allen Kulturen vorkommt und nicht unbedingt deren Wurzel im Christentum begründet ist.
Aber ich bin mir sicher das die DDR-Ideologen die Jugendweihe bewußt als Ersatz zur Kommunion bzw. Konfirmation mißbraucht haben.....

Zu den Jahresendfiguren sagt keiner was... :evil:
 

agentP

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Auch wenn ich zugeben muß das eine Art "Jugendweihe" in fast allen Kulturen vorkommt und nicht unbedingt deren Wurzel im Christentum begründet ist.

Richtig. Weil das Christentum und andere große Religionen genau wie viele moderne Ideologien immer gut darin waren Riten zu integrieren bzw. für ihre Zwecke zu missbrauchen, gibt es so etwas auch im Christentum. Mann-/Frauwerdungsriten gibt es in der Tat schon viel länger als die großen Buchreligionen und manche haben nichtmal einen religiösen Hintergrund.


die Jugendweihe bewußt als Ersatz zur Kommunion bzw. Konfirmation mißbraucht haben.....
Wenn dann bitte Erstkommunion und Konfirmation.

Neu ist das übrigens nicht unbedingt: Ich kann mich erinnern, dass Mannwerdungsrituale z.B. auch von Vertretern der sog. Männerbewegung immer mal wieder gefordert wurden.
 

Telepathetic

Großmeister
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agentP schrieb:
Neu ist das übrigens nicht unbedingt: Ich kann mich erinnern, dass Mannwerdungsrituale z.B. auch von Vertretern der sog. Männerbewegung immer mal wieder gefordert wurden.
Der Arbeit an einem jungen- und männergerechten Bild kann ich etwas abgewinnen. Zum einen sind Jungs keine Mädchen. Angeborene Unterschiede können nicht aberzogen werden. Zum anderen entwickeln Jungs Unsicherheiten sich selbst gegenüber, wenn ihnen ein selbstsicheres männliches Vorbild fehlt. Rein männliche Gruppen und ihre Rituale bieten wertvolle Erfahrungen und wirken beruhigend.

Nächtliche Geländespiele beruhigen hibbelige Großstadtbuben

Abends am Lagerfeuer ließen die Pädagogen den "talking stick" kreisen: Nur wer den Stock in der Hand hielt, durfte reden. Bei nächtlichen Geländespielen hockten die sonst so hibbeligen Großstadtbuben bisweilen eine Dreiviertelstunde lang im tiefen Gras, "horchten auf die Geräusche der Tiere und das Rascheln des Laubs", und ab und zu flüsterte einer: " 'ne Sternschnuppe", oder "ein Flugzeug", oder "Mann, sind die Sterne geil", notierte ein Betreuer: "Ich war völlig begeistert. Ich hatte die Jungs noch nie so still und zugleich aufmerksam erlebt."



Das Kraftprotz - Bildungsinstitut für Jungen und Männer bietet Männerinitiationen nach Richrd Rohr. Finde ich spannend, da der Franziskaner Richard Rohr zusammen mit dem evangelischen Pfarrer Andreas Ebert das Buch "Das Enneagramm - Die 9 Gesichter der Seele" geschrieben hat. Dieses Buch ist so ziemlich das einzige christliche Buch, das mir gefällt, da es auf verständliche Weise auf die typischen Charakterarten der Menschen eingeht und diese in einen spirituellen christlichen Bezug stellt. Es spielt dabei keine Rolle, ob jemand an die Existenz eines gespensterhaften Schöpfers glaubt oder nicht. Ich kann mir also gut vorstellen, dass das Rohr'sche Männerbild die angeborenen wilden Eigenschaften angemessen würdigt und sie in einen grundsätzlich friedlichen Kontext stellt. Der Mann an sich ist nicht von Natur aus eine zerstörerische, unempfindliche Maschine. Er ist durchaus zu Gefühl und Einfühlung fähig.

Hier ein Zitat zu Richard Rohr von der Seite Männerpfade:
Die Verkündigung des Evangeliums versteht er als seine wichtigste Aufgabe und nutzt viele verschiedene Medien, um diese Botschaft zu kommunizieren. Die Schrift als Befreiung, die Integration von Aktion und Kontemplation, Schaffen von Gemeinschaft, Friede und Gerechtigkeit, männliche Spiritualität, das Enneagramm und Spiritualität in der Natur sind die Themen, derer er sich bedient, um die Botschaft des Evangeliums zu verkünden.

Der Hauptunterschied zwischen Rohr und anderen Predigern scheint mir seine klare Sprache zu sein, aber vor allem dass er einen Bezug schafft zwischen der Realität und den Inhalten des Christentums. Er negiert die Realität nicht, sondern er bindet sie ein. Damit machen christliche Inhalte auch einen Sinn.


Ein Zitat von der oben verlinkten Kraftprotz-Seite mit von mir eingefetteten Sätzen:
Männerinitiation, das klingt vielleicht in Ihren Ohren mystisch, mythopoetisch, partiarchal oder gar gefährlich. Ich, Josef Riederle, stehe dafür ein, dass es nach meiner Erfahrung und Überzeugung eine wertvolle Erfahrung für Männer sein kann. Eine Erfahrung, die dazu beiträgt sein Mann-Sein auf einer tieferen, ehrlicheren und spirituelleren Ebene zu finden. Für mich ist es ein Beitrag, um als initierter Mann verantwortlicher mit dem eigenen Tun und Lassen umzugehen.
Wenn ich in den von mir gefetteten Sätzen die Worte "Mann" und "Männer" mit den Worten "Atheist" und "Atheisten" austausche dann kommt Folgendes dabei heraus:
eine wertvolle Erfahrung für Atheisten sein kann. Eine Erfahrung, die dazu beiträgt sein Atheisten-Sein auf einer tieferen, ehrlicheren und spirituelleren Ebene zu finden. Für mich ist es ein Beitrag, um als initierter Atheist verantwortlicher mit dem eigenen Tun und Lassen umzugehen.
 

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